Veröffentlicht am 09.02.2016
Zum 1.7.2015 führte die IKK Nord den Genehmigungvorbehalt bei Verordnungen außerhalb des Regelfalls wieder ein und informierte darüber weder die Leistungserbringer noch die Berufsverbände der Leistungserbringer. Als logische Konsequenz wurden in den folgenden Monaten weiterhin Verordnungen außerhalb des Regelfalls ohne vorherige Genehmigung durchgeführt und abgerechnet. Mit der entsprechend üblichen zeitlichen Verzögerung hagelte es schließlich Absetzungen zu diesen Verordnungen, wobei mittlerweile weitere Verordnungen außerhalb des Regelfalls begonnen oder bereits vollständig durchgeführt worden waren.
Wir berichteten darüber.
Im Auftrag eines unserer betroffenen Mitglieder wandten wir uns an die IKK Nord und baten aufgrund der vorliegenden Umstände um Vergütung der betreffenden Verordnungen und darum, uns zukünftig über Änderungen in der Genehmigungspraxis zu informieren.
Die Antwort der IKK Nord war kurz und schroff und verwies auf ein Urteil aus dem Jahr 2013, in dem tatsächlich das Landessozialgericht Baden-Württemberg geurteilt hatte, dass die Krankenkassen lediglich verpflichtet seien, die Kassenärztlichen Vereinigungen über Ihre Genehmigungspraxis zu informieren und sonst niemanden. Einen Auszug aus der Urteilsbegründung finden Sie unter diesem Artikel.
Tatsächlich steht in der Heilmittelrichtlinie §8 Absatz 4, dass die Krankenkassen die Kassenärztlichen Vereinigungen über entsprechende Änderungen informieren müssen. Weiter Vorgaben werden nicht gemacht.
Nun ist es allerdings so, dass weder die Kassenärztlichen Vereinigungen noch die Ärzte selbst diese Informationen benötigen, weil der Genehmigungverzicht oder die Genehmigungspflicht für Ärzte nicht die geringste Rolle spielen. Der Genehmigungsvorbehalt ist einzig für die behandelnde Heilmittelpraxis von Bedeutung, weil nur diese die negativen Konsequenzen zu tragen hat indem die geleistete Behandlung einfach nicht vergütet wird.
Eine solche Regelung in der Heilmittelrichtlinie zu verankern zeigt einmal mehr, dass es absolut unhaltbar ist, dass im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) die Interessen der Heilmittelerbringer lediglich in Form einer "Stellungnahmeberechtigung" am Rande mit berücksichtigt werden, wohingegen die Konsequenzen aus den Vorgaben bzw. deren Nichteinhaltung alleine von eben diesen Heilmittelerbringer getragen werden müssen.
Wir haben nun die IKK Nord noch einmal zu diesem Thema angeschrieben:
Guten Tag sehr verehrte Frau Schiller,
haben Sie herzlichen Dank für Ihre Rückmeldung zur derzeitigen Genehmigungspraxis der IKK Nord.
Ich möchte Sie bitten die Sachlage noch einmal zu überdenken und sich diesbezüglich mit den sodann weiteren betroffenen IKKn aus folgendem Grund zu besprechen:
Sollte sich der von der IKK Nord verlautbarte Verfahrensablauf nicht ändern, werden wir auf Grund der damit zusammenhängenden realen Gefahr von Absetzungen durch geänderte Genehmigungspraxis alle rund 9.000 Inhaber ergotherapeutischer Praxen dahingehend konsequent beraten und informieren, bei jeder IKK sämtliche Verordnungen außerhalb des Regelfalles aus Sicherheitsgründen zukünftig zur Genehmigung einzureichen.
Die IKKn: BIG direkt gesund (Innungskrankenkasse), IKK Brandenburg & Berlin, IKK classic, IKK gesund plus, IKK NORD und die IKK Südwest werden dazu von uns sodann entsprechend informiert.
Der bürokratische Aufwand für Heilmittelerbringer ist anderenfalls immens, wenn sich dieser bei jeder Verordnung außerhalb des Regelfalles zunächst direkt mit der betreffenden Krankenkasse in Verbindung setzen soll, um eine eventuell geänderte Genehmigungspraxis zu erfragen.
Deutlich einfacher ist es da, schlichtweg alle Verordnugen außerhalb des Regelfalles bei allen IKKn zur Genehmigung einzureichen.
Nach genauer Durchsicht des Urteils, ist es dem Klagevertreter offenbar nicht gelungen, dem Gericht die tatsächlichen realen Verhältnisse zur Genehmigungspraxis aufzuzeigen, anders ist die Urteilsbegründung nicht nachvollziehen.
Die Information ohne rechtliche Verpflichtung indes der einzigen zwei ergotherapeutischen Berufsverbände an info@bed-ev.de und info@dve.info würde allen Beteiligten allen voran den IKKn selbst eine immensen bürokratischen Aufwand in dem Zusammenhang ersparen.
Bitte teilen Sie mir Ihre Entscheidung bis zum 19.02.16 mit, damit wir unsere Mitglieder bezüglich des zukünftigen Vorgehens entsprechend informieren können.
Bei Fragen dazu stehe ich Ihnen immer gerne zur Verfügung.
Herzliche Grüße
Christine Donner
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Diplom-Betriebswirt
Geschäftsführender Vorstand
Bundesverband für Ergotherapeuten in Deutschland BED e.V.
Wir werden Sie selbstverständlich gerne über den weiteren Verlauf in dieser Sache informieren.
Herzliche Grüße
Ihr BED e.V.
Auszüge aus der Urteilsbegründung des benannten
Urteils vom 15. 11. 2013, AZ: L4 KR 2784 / 13:
LSG Baden-Württemberg 2013:"...
Eine Verpflichtung der Beklagten, Leistungserbringer von Heilmitteln über eine
Änderung ihrer Genehmigungspraxis hinsichtlich der Verordnung außerhalb des Regelfalles zu informieren, besteht nicht. § 8 Abs. 4 Satz 4 Heilmittel-Richtlinie sieht nur die Information der Kassenärztlichen Vereinigungen vor. Da im Rahmenvertrag hierzu keine Regelung enthalten ist, sahen die Vertragspartner insoweit keinen Regelungsbedarf.
Angesichts der dargelegten Obliegenheit des einzelnen Leistungserbringers von Heilmitteln, sich über den aktuellen Stand hinsichtlich eines Genehmigungsverzichts zu informieren, erweisen sich die Heilmittel-Richtlinie und der Rahmenvertrag insoweit auch nicht als unvollständig. Zudem wäre die Information jedes einzelnen zugelassenen Leistungserbringers von Heilmitteln für die Krankenkassen bei der Anzahl der zugelassenen Leistungserbringer von Heilmitteln mit einem immensen Verwaltungsaufwand verbunden. Auch müssten die Krankenkassen über eine vollständige Aufstellung der zugelassenen Leistungserbringer von Heilmitteln mit aktueller Anschrift verfügen. Letzteres wäre auch wieder mit einem erheblichen Aufwand für den Leistungserbringer von Heilmitteln verbunden, weil er allen Krankenkassen eine eventuelle Änderung seiner Anschrift mitteilen müsste. ..."