Veröffentlicht am 23.09.2007
AOK setzt sich für eine stärkere Rechtsposition der Versicherten ein (06.09.07) Ohne sichere Rechtsgrundlage werden die Versicherten nicht in der Lage sein, die Möglichkeiten eines Wettbewerbs im Gesundheitswesen sinnvoll zu nutzen. Deshalb engagiert sich die AOK dafür, die Patientenrechte zu stärken. "Wir wollen Motor sein, um Patientenschutz und Patientensicherheit in Deutschland zu erhöhen", sagte der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Hans Jürgen Ahrens, auf der Pressekonferenz zur Veranstaltung "Patientenrechte – Wunsch- oder Stiefkind?" im Rahmen der Reihe "AOK im Dialog" am 6. September in Berlin. "Denn Patientenrechte sind Menschenrechte", so Ahrens.
In einem stärker wettbewerblich ausgerichteten Gesundheitswesen wird sich nach Überzeugung der AOK die Position der Versicherten verändern. Sie können jetzt schon den für sie passenden Wahltarif der Krankenkassen aussuchen. Und sie werden als Patienten zu Kunden, die spezielle Versorgungsformen auswählen oder sich für Selbstzahlerangebote der Ärzte entscheiden. "Voraussetzung dafür ist, dass die Versicherten gut informiert und aufgeklärt sind, damit sie Risiken einschätzen und ihr Mitentscheidungsrecht bei ärztlichen Behandlungen wahrnehmen können", betont AOK-Chef Ahrens.
Recht auf umfassende Informationen nötig Damit das gelingen kann, plädiert die AOK für eine Stärkung der Patientenrechte. So sollen die Patienten sowohl über Diagnosen, Therapien und Risikien als auch über konkrete Behandlungsalternativen informiert werden. Sie sollen über die wirtschaftlichen Folgen etwa bei Selbstzahlerangeboten wie den Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) aufgeklärt werden. Und die Patienten sollen gerade im Krankenhaus eine Kopie des von ihnen unterzeichneten Aufklärungsbogens erhalten.
Für die AOK tragen die Patientenrechte nach den Worten von Wolfgang Metschurat, dem Vorsitzenden des Verwaltungsrates des AOK-Bundesverbandes, auch dazu bei, die partnerschaftliche Arzt-Patientenbeziehung zu fördern. Deshalb habe die AOK bereits im vergangenen Jahr detaillierte Eckpunkte für den Ausbau der Patientenrechte ausgearbeitet und vorgestellt.
Der AOK-Vorstandschef bezeichnet es als sinnvoll, die Patientenrechte auf eine neue rechtliche Grundlage zu stellen. Deshalb unterstütze der AOK-Bundesverband einen entsprechenden Vorschlag des Verbraucherzentralen Bundesverbandes und der Patientenbeauftragten Helga Kühn-Mengel. "Das bedeutet, dass die Rechte und Pflichten sowohl der Ärzte als auch der Patienten im Bürgerlichen Gesetzbuch festgeschrieben werden", so Ahrens. Dabei sollte die Frage der Beweislastverteilung neu geregelt werden. "Die Lösung kann nicht die generelle Beweislastumkehr sein", erläutert der AOK-Vorstandsvorsitzende. Aber wenn feststehe, dass der Arzt einen Fehler gemacht habe, "wäre es für den Patienten eine große Erleichterung, wenn der Arzt seinerseits belegen müsste, dass dieser Fehler nicht den Schaden verursacht hat".
Risikomanagement als Vertragskriterium Eine Stärkung der Patientenrechte kann sich Ahrens zufolge auch auf die Vertragsbeziehungen zwischen Leistungserbringern und Kassen auswirken: "Wenn Krankenkassen künftig planbare Klinikleistungen ausschreiben dürften, können wir uns gut vorstellen, nicht nur den Preis, sondern auch ein funktionsfähiges Risikomanagement als Kriterium heranzuziehen." Die Zukunft gehöre dann jenen Häusern, "die nicht nur Risikoquellen und Fehler erkennen, sondern auch wirksame Maßnahmen einleiten, um Risiken für Patienten zu verringern", so Ahrens.
Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung begründet den Vorstoß für eine gesetzliche Regelung mit dem derzeitigen Mangel an Transparenz bei den Patientenrechten. "Mein Ziel ist, dass Patientinnen und Patienten ihre Rechte in einem Gesetz übersichtlich zusammengefasst ebenso einfach lesen können, wie Urlauber dies im Reisevertragsrecht tun können", so Kühn-Mengel. Nach ihren Vorstellungen soll ein solches Gesetz unter anderem die Rechte der Patienten auf Aufklärung und Einsichtnahme in die Dokumentation der behandelnden Ärzte regeln.
Um ein Patientenrechtsgesetz voranzutreiben, plädiert Kühn-Mengel für eine parlamentarische Arbeitsgruppe. Sie führe bereits entsprechende Gespräche mit Abgeordneten und Vertretern von Kassen und Verbänden.
Dagegen sieht der Vizepräsident der Bundesärztekammer derzeit keinen Handlungsbedarf für einen Ausbau der Patientenrechte. "Patientenrechte sind längst verankert und werden mit jedem Vertragsabschluss zwischen Patient und Arzt festgestellt", erläutert Dr. Frank Ulrich Montgomery. Deshalb gebe es keine Notwendigkeit für ein eigenes Patientenrechtsgesetz. [/size]