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Der Toggenburger: Ergotherapie in Guatemala

Veröffentlicht am 10.10.2005

Die Lichtensteigerin Madlene Keller lebt und arbeitet vier Monate lang in einem Rehabilitationszentrum in Guatemala

Lichtensteig/Guate-mala. Vor sechs Wochen ist Madlene Keller aus Lichtensteig in Guatemala Stadt eingetroffen, wo sie während vier Monaten mit behinderten Kindern arbeiten wird. Nachfolgend ihr Erlebnisbericht.

Sechs Wochen sind vergangen, seit ich in Ciudad de Guatemala mit ziemlich gemischten Gefühlen aus dem Flugzeug stieg. Was erwartet mich hier? Wie komme ich zurecht in einer ganz anderen Kultur als meiner eigenen? Ich kam mir ziemlich klein vor und zweifelte, ob meine Entscheidung, alleine für sechs Monate nach Guatemala zu gehen, wirklich richtig war.

Inzwischen habe ich mich hier gut eingelebt. Mein momentanes Zuhause ist in Antigua Guatemala, einem 31 000 Einwohner zählenden Städtchen rund 50 Kilometer westlich der Hauptstadt. Hier wohne ich bei einer guatemaltekischen Familie, was mir einen interessanten Einblick ins Alltagsleben einer der unteren Mittelschicht angehörenden Familie ermöglicht. Zusammen mit den Eltern, ihren fünf Kindern zwischen 17 und 10 Jahren und den Verwandten, die täglich vorbei schauen, fehlt es mir nie an Gesprächspartnern.

Stiftung für Behinderte
Noch von der Schweiz aus suchte ich eine Institution mit einer Ergotherapie, in der die Möglichkeit bestand, mit einheimischen Ergotherapeuten zusammenzuarbeiten. Die Stiftung «Fundabiem» unterhält in ganz Guatemala 26 Rehabilita- tionszentren für behinderte Kinder und Jugendliche. «Fundabiem» bedeutet «Fundación de bienestar para minusválidos», frei übersetzt Stiftung zum Wohlbefinden Behinderter. Das grösste Zentrum liegt am Stadtrand von Ciudad de Guatemala. Die meisten Kinder kommen mit einer Zerebralparese, Hemiplegie, Down-Syndrom, geistigen Behinderungen, aber auch neurologischen Krankheiten wie Muskeldystrophie oder Guillan-Barré. Die Kinder werden hier ambulant behandelt. Neben ärztlicher Betreuung erhalten die Kinder Physio- und Ergotherapie, Logopädie, psychologische Begleitung sowie sonderpädagogischen Unterricht.

Abenteuerlicher Arbeitsweg
Seit vier Wochen sieht mein Alltag folgendermassen aus. Morgens verlasse ich das Haus gegen 7 Uhr. Etwa 300 Meter entfernt fahren die Busse in Richtung Ciudad de Guatemala, kurz Guate genannt, vorbei. Der öffentliche Verkehr in Guatemala besteht hauptsächlich aus so genannten Camionetas, die wie ausrangierte Schulbusse aus den USA aussehen, bunt bemalt, meist verbeult, schon von weitem hörbar. Man stellt sich einfach an die Strasse und hält die Hand raus, wenn sich eine Camioneta nähert. Der Beifahrer ruft schon von weitem, wohin es geht. Im Bus hat es beidseits Sitzreihen, die für zwei Personen zu breit, für drei zu schmal sind. Am bequemsten sitzt man, wenn beidseits drei Personen sitzen, die beiden mittleren mit je einer Po-Hälfte auf dem Sitz, der anderen in der Luft - man ist so fest eingeklemmt, dass man nirgends mehr hinrutschen kann. Mit Vollgas gehts ab Richtung Hauptstadt, eine dicke, grau-schwarze Rauchwolke hinterlassend. Bis jetzt habe ich noch keine Camioneta mit funktionierendem Tachometer gesehen. Eigentlich sollten die Busse in die Hauptstadt halbstündlich fahren. Aber je mehr Passagiere transportiert werden, desto mehr Einnahmen; so fahren vor allem während den Stosszeiten die Busse kurz hintereinander. Unterwegs wird dann links und rechts überholt, mal ist dieser vorne, dann wieder der andere. Am besten ist es, man konzentriert sich nicht auf den Fahrstil. Wenn der Bus nicht voll ist, wartet er an grösseren Orten manchmal bis zu 20 Minuten auf weitere Kunden. Das Erstaunliche ist, dass ich bis jetzt kaum zu spät zur Arbeit kam. Anscheinend müssen die Fahrer abends dem Bus-Besitzer eine bestimmte Summe abgeben, unabhängig von der Anzahl transportierter Personen. Was sie darüber hinaus einnehmen, können sie - zusätzlich zum Lohn - behalten.

Arbeit bis 13.30 Uhr
Von 7.30 bis 13.30 Uhr dauert die Arbeitszeit. Wie alle Angestellten bekam auch ich eine Karte, auf der täglich Anfangs- und Endzeit an einer mechanischen Stempeluhr abgestempelt wird. Für die 30-minütige Pause muss ausgestempelt werden. Da alle fast zur gleichen Zeit mit der Arbeit anfangen und aufhören, gibt es meistens eine Schlange. In der Ergotherpie arbeiten drei guatemaltekische Therapeutinnen. Eine Therapieeinheit dauert 30 Minuten, gleichzeitig sind zwischen zwei bis 12 Kinder im Raum. Die Kinder kommen zusammen mit ihren Eltern oder Verwandten, die Therapeutin verteilt Material und instruiert die Eltern, wie sie mit ihrem Kind arbeiten sollen. Die Kinder erhalten zwischen ein bis drei Mal pro Woche Therapie. An diesem Vormittag haben sie alle Termine hintereinander, so dass sich die Anreise auch lohnt. Für mich eine grosse Umstellung ist, dass ich nicht selbst mit dem Kind arbeite. Ich zeige der Mutter, wie sie das Kind unterstützen kann und worauf sie achten muss. Nur wenn wenige Kinder gleichzeitig da sind, arbeitet die Therapeutin zwischendurch selbst mit dem Kind. Zu dritt oder mit mir zu viert, ist es gar nicht möglich, alle Kinder einzeln zu behandeln. Daneben stellen die Therapeuten auch Schienen und Hilfsmittel her. Je nach Arbeit komme ich zwischen 13 und 14 Uhr wieder nach Antigua zurück. Momentan nehme ich nachmittags zwei Mal pro Woche Spanischunterricht. Ansonsten geniesse ich die freien Nachmittage, treffe mich mit anderen Touristen und erkunde die Umgebung. Madlene Keller

Person
Madlene Keller
Die 30-jährige Lichtensteigerin Madlene Keller ist vor rund sechs Wochen für ein halbes Jahr nach Guatemala gereist. Sie arbeitet dort vier Monate als Ergotherapeutin in einem Rehabilitationszentrum für Kinder (Volontärin). Anschliessend wird sie das Land bereisen und im «Toggenburger» darüber berichten. Madlene Keller ist in Ebnat-Kappel aufgewachsen und absolvierte die Ausbildung zur Ergotherapeutin, welche sie letztes Jahr abschloss. Nach einem Sprachaufenthalt in Peru im letzten Jahr, arbeitete sie dann als Ergotherapeutin in der Rehabilitation (Zürcher Höhenklinik Wald). (red)
Auf unserer Webseite arbeiten wir teilweise sprachlich dem Duden entsprechend mit dem generischen Maskulinum. Dies bedeutet, dass die allgemein bekannte verallgemeinernde, grammatikalisch männliche Bezeichnung gewählt wird. Hiermit sind in jedem Fall Personen aller Geschlechter gleichermaßen gemeint.
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