Veröffentlicht am 18.04.2016
Wenn Therapeuten oder Ärzte als Sachverständige ein fehlerhaftes Gutachten abgeben, müssen sie dafür nicht haften, wenn die Begutachtung von einer öffentlichen Körperschaft – z.B. dem Jugendamt – in Auftrag gegeben wurde. Dies entschied das Oberlandesgericht in Koblenz vor Kurzem:
Az.: 1 U 832/15 - Keine persönliche Haftung einer vom Jugendamt beauftragten Sachverständigen für fehlerhaftes GutachtenHintergrund des Rechtsstreits war der Verdacht eines Kindesmissbrauchs. Die Ärztin kam zu dem Ergebnis, dass eines der zwei betreffenden Kinder auf Grund seiner Symptome sehr wahrscheinlich Opfer eines oder mehrerer Schütteltraumata gewesen sei. Basierend auf diesem Gutachten wurden die Kinder in Pflegefamilien untergebracht.
Durch spätere Gutachten stellte sich jedoch heraus, dass die Kinder unter einer Erbkrankheit, nämlich unter einem Wasserkopf litten, so dass geringe Erschütterungen bereits zu Blutgerinnseln führen. Die Eltern forderten daraufhin nicht nur ihre Kinder zurück, sondern verlangten auch Schmerzensgeld. Die Ärztin, die das grob fehlerhafte Gutachten erstellte, muss jedoch nicht zahlen, sondern der Landkreis, als Träger des zuständigen Jungendamtes, welches die Ärztin als Sachverständige in Anspruch nahm.
Die Ärztin hat damit bei ihrer Gutachtenerstellung "in Ausübung eines öffentlichen Amtes" gehandelt. In solch einem Fall muss die Körperschaft selbst, nicht aber die Gutachterin haften.