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Was die Parteien in der Gesundheitspolitik wollen

Veröffentlicht am 18.01.2006

Für alle im Bundestag vertretenen Parteien spielt die Gesundheitspolitik eine wichtige Rolle. Zugleich geben sie ihr aber unterschiedliche Stellenwerte. Eine Übersicht über die Programme und Parteitagsbeschlüsse:

Vertrauen in Deutschland
Auszug aus dem Wahlmanifest der SPD vom 4. Juli 2005

20. Wir wollen ein leistungsfähiges, solidarisches und bezahlbares Gesundheitswesen

Unser Gesundheitswesen ist gut, auch im internationalen Vergleich. Jeder erhält notwendige medizinische Leistungen auf der Höhe des medizinischen Fortschritts. Das Gesundheitswesen ist auch unsere größte Branche, in ihr finden über vier Millionen Menschen sinnvolle Beschäftigung. Das soll auch so bleiben. Leistungsfähige, solidarisch finanzierte Sicherungssysteme sind das Rückgrat unseres Sozialstaats. Wer den Grundgedanken der Solidarität aufgibt, gefährdet Wohlstand und gesellschaftlichen Frieden. Solidarität heißt: Wer Hilfe braucht, der bekommt sie. Aber Solidarität heißt auch: Rücksicht nehmen auf die, die die Hilfe finanzieren und damit garantieren.

Mit der Gesundheitsreform haben wir die gesetzliche Krankenversicherung zukunftsfähig gemacht. Jetzt gilt es, die langfristige Finanzierung unseres Gesundheitswesens zu sichern.

Der medizinische Fortschritt und der veränderte Altersaufbau der Gesellschaft erfordern nicht weniger, sondern mehr Solidarität, aus der sich niemand ab einer bestimmten Einkommensgrenze verabschieden darf.

Wir werden die Krankenversicherung zu einer Bürgerversicherung weiterentwickeln, in der gesetzliche und private Krankenversicherung nebeneinander Bestand haben.

Dabei gilt:

Jeder muss versichert sein. Auch Gutverdienende, Beamte, Selbstständige und Politiker werden in die solidarische Krankenversicherung einbezogen.

Jede Kasse muss jeden und jede ohne Ansehen des Risikos versichern. Niemand wird ausgegrenzt. Auch kranke und behinderte Menschen können wählen. Es bleibt beim heutigen gesetzlichen Leistungskatalog.

Jeder zahlt entsprechend seiner Leistungsfähigkeit. Die Beiträge zur Bürgerversicherung richten sich wie bisher nach dem Einkommen - bei Löhnen, Gehältern und Renten. Die Beitragsbemessungsgrenze bleibt bestehen. Zukünftig werden auch Kapitalerträge zur Finanzierung herangezogen. Freibeträge schonen Durchschnittsersparnisse. Mieten und Pachten bleiben beitragsfrei.

Die beitragsfreie Familienversicherung bleibt erhalten. In der Bürgerversicherung sind im bisherigen Umfang Familienmitglieder ohne Einkommen mitversichert.

Das Nebeneinander von gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen wird in einen Wettbewerb um die beste Versorgung umgewandelt.

Die Bürgerversicherung macht unser Gesundheitssystem gerechter. Sie ist eine Entscheidung für die Stärkung des Zusammenhalts in der Gesellschaft. Gesunde sorgen für Kranke, Junge für Alte, Alleinstehende für Familien, Gutverdienende für die, die weniger haben.

Mit der Einrichtung der Stelle des Patientenbeauftragten erhöhen wir das Gewicht von Patientinnen und Patienten im politischen Entscheidungsprozess und stärken deren Rechte.

SPD stellt Eckpunkte für Bürgerversicherung vor

Die SPD hat am 28. August 2004 ihre Eckpunkte für eine Reform der Krankenversicherung vorgestellt. Der Parteivorstand billigte das Konzept einer Arbeitsgruppe unter der Leitung des SPD-Vorstandsmitglieds Andrea Nahles. Es diene als Orientierungsrahmen für die Reformdiskussion, sagte Nahles. In der laufenden Wahlperiode werde es die Bürgerversicherung aber nicht mehr geben.

Für die Mehrheit der Bürger bringe die Bürgerversicherung eine Entlastung, betonte Nahles bei der Vorstellung der Eckpunkte. Auf lange Sicht sei eine Beitragssenkung um bis zu 2,9 Prozent zu erreichen. Jeder Versicherte darf laut SPD-Konzept zu einer gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung seiner Wahl wechseln.
Es bleibt beim Solidarprinzip mit einkommensabhängigen Beiträgen und kostenloser Familienmitversicherung. Auch die privaten Krankenkassen müssten danach einen Bürgerversicherungstarif anbieten, für den es keine Einkommensgrenze oder Ausschlussgründe wegen des Gesundheitszustandes gibt.

Kapitalvermögen heranziehen

Um die Einnahmen der Krankenversicherung zu verbessern, will die SPD entweder Beiträge auf Kapitalvermögen erheben oder einen Aufschlag auf die Zinsabgeltungsteuer einführen. Für die Erhebung soll es Freibeträge geben. Der durch Steuern auf Kapitaleinkommen finanzierte Zuschuss für die Krankenversicherung würde laut Eckpunkte-Papier sofort von allen Versicherten - auch den jetzt privat Versicherten - erhoben.
Von der Einbeziehung der Kapitaleinkünfte in die Beitragsbemessung und die Ausweitung auf privat Versicherte verspricht sich die SPD eine deutliche Senkung der Lohnnebenkosten und eine Entlastung für den Arbeitsmarkt.

Im Wortlaut: Die SPD-Eckpunkte

Bürgerversicherung versichert alle Bürgerinnen und Bürger. Die Versicherungspflichtgrenze wird aufgehoben.

Gesetzliche Krankenkassen bieten Bürgerversicherung an. Private Krankenversicherungen können Bürgerversicherung zu gleichen Wettbewerbsbedingungen anbieten. Alle Bürgerversicherungstarife werden in den
Risikostrukturausgleich einbezogen.

Der Bürgerversicherungstarif umfasst folgende Mindestanforderungen:

Einkommensbezogene Beiträge: Jeder zahlt nach seiner Leistungsfähigkeit aus Erwerbs- und Kapitaleinkommen seine Beiträge. Lohnbezogene Beiträge werden paritätisch finanziert.

Kontrahierungszwang: Jede Versicherung - ob gesetzliche oder private - muss jeden ohne Gesundheitsprüfung aufnehmen.

Gesetzlicher Leistungskatalog: Alles medizinisch Notwendige ist versichert: zu 100 Prozent und in bester Qualität.

Sachleistungsprinzip: Patientinnen und Patienten erhalten die Leistungen unmittelbar und müssen nicht voraus zahlen.

Bürgerinnen und Bürger können ihre Kasse frei wählen. Wer gesetzlich versichert ist, kann künftig zwischen den Bürgerversicherungsangeboten der gesetzlichen und der privaten Kassen wählen. Wer bereits einen privaten Versicherungsvertrag nach altem Muster hat, kann diesen behalten oder in ein Bürgerversicherungsangebot seiner Wahl wechseln.
Wer neu krankenversichert wird, geht sofort in die Bürgerversicherung. Dabei wird nicht vorgeschrieben, ob das gesetzliche oder das private Bürgerversicherungsangebot gewählt wird.

In der Bürgerversicherung sind Familienmitglieder ohne eigenes Einkommen und Kinder beitragsfrei mitversichert.


Deutschlands Chancen nutzen
Auszug aus dem "Regierungsprogramm 2005-2009" von CDU und CSU vom 11. Juli 2005

3. Verlässliche soziale Sicherheit
3.1 Medizinischer Fortschritt für alle

Wo stehen wir?
Der medizinisch-technische Fortschritt und die demografische Entwicklung verursachen steigende Kosten im Gesundheitswesen. Gleichzeitig gehen die Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung durch die hohe Arbeitslosigkeit und durch die zunehmende Zahl von Rentnern im Verhältnis zu den Lohnempfängern zurück. Vor diesem Hintergrund ist die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung massiv gefährdet. Die letzte Gesundheitsreform hat die Lohnzusatzkosten nicht spürbar gesenkt. Die Senkung von Lohnzusatzkosten ist aber entscheidend für neue Arbeitsplätze.

Was wollen wir?
Gesundheit ist ein hohes Gut. Deshalb gilt für uns der Grundsatz: Was medizinisch notwendig ist, muss im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung für alle Versicherten – unabhängig von Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand oder finanzieller Leistungsfähigkeit – erbracht werden. Eine Zwei-Klassen-Medizin wird es mit uns nicht geben.
CDU und CSU werden ein grundlegend neues, zukunftssicheres System der gesetzlichen Krankenversicherung schaffen, das eine qualitativ hochwertige Gesundheitsvorsorge für alle sichert, das besser auf die Veränderungen im Bevölkerungsaufbau reagieren kann, das eine weitere Belastung des Faktors Arbeit vermeidet und das die erheblichen Wachstumschancen der Gesundheitsbranche ausschöpft: die solidarische Gesundheitsprämie.

Die Krankenkassen erhalten für jeden erwachsenen Versicherten eine Gesundheitsprämie als kostendeckenden Beitrag.

Die Gesundheitsprämie wird erstens gespeist aus der persönlichen Prämie jedes Versicherten. Für Versicherte mit niedrigem Einkommen greift automatisch ein sozialer Ausgleich. Dabei ist klar: Niemand zahlt bei Einführung der solidarischen Gesundheitsprämie mehr als bisher.

Die Gesundheitsprämie wird zweitens gespeist aus der Arbeitgeberprämie. Dieser Anteil des Arbeitgebers wird festgeschrieben. Er bleibt dauerhaft begrenzt und damit von der Entwicklung der Krankheitskosten abgekoppelt. Bei Rentnern zahlen die Rentenversicherungsträger den Arbeitgeberanteil.

Kinder werden beitragsfrei versichert; die dafür erforderlichen Beträge werden aus Steuermitteln finanziert.

Wir stärken den Wettbewerb unter den Leistungsanbietern. Wir schaffen einen echten Wettbewerb der Kassen um die Versicherten. Die Krankenkassen müssen wesentlich stärker als bisher an den Wünschen der Versicherten orientierte unterschiedliche Tarife anbieten. Wir streben an, dass der Wechsel von einer privaten Krankenversicherung zu einer anderen erleichtert wird, indem Altersrückstellungen übertragen werden können. Auch der Wettbewerb von Ärzten, Krankenhäusern, Arzneimittelherstellern und Apotheken muss deutlich gestärkt werden.

Die von SPD und Grünen propagierte „Bürgerversicherung“ ist keine geeignete Alternative zur solidarischen Gesundheitsprämie. Wenn alle Bürger in eine einheitliche Zwangsversicherung einzahlen müssen, findet Wettbewerb nicht mehr statt. Die Bürgerversicherung führt nicht zur Entkoppelung von Arbeits- und Gesundheitskosten; steigen die Aufwendungen für die Gesundheit, steigen wie bisher auch die Arbeitskosten. Die Bürgerversicherung gibt keine Antwort auf die Probleme der Bevölkerungsentwicklung. Diese Form der Versicherung wirkt wie eine Sondersteuer für kleine und mittlere Einkommen. Sie werden durch die Beitragsbemessungsgrenze gegenüber höheren Einkommen wesentlich stärker belastet. Das ist ungerecht.

3.2 Pflege menschlich sichern

Wo stehen wir?
Die Pflegeversicherung zehrt seit 1999 von der Substanz, seitdem sind die laufenden Ausgaben höher als die Beitragseinnahmen. Während wir heute rund zwei Millionen Pflegebedürftige haben, werden es im Jahr 2020 schon rund 2,6 Millionen sein, bis zum Jahr 2050 wird sich die Zahl verdoppeln.

Was wollen wir?
Die Pflegeversicherung muss in Zukunft wieder eine verlässliche und bezahlbare Absicherung des Pflegerisikos bieten.

Wir werden die Pflegeversicherung als wichtiges Instrument der sozialen Sicherung erhalten und weiterentwickeln. Die häusliche Pflege soll Vorrang vor der stationären Pflege haben. Alte Menschen sollen so lange wie möglich in ihrer vertrauten Umgebung leben können.

Maßnahmen der Prävention und der Rehabilitation räumen wir Vorrang vor Maßnahmen der Pflege ein. Wir werden im Rahmen einer integrierten Versorgung die Organisation von Prävention und Rehabilitation nachhaltig verbessern.

Bei der sozialen Pflegeversicherung beginnen wir in dieser Legislaturperiode mit der Einführung einer Kapitaldeckung.

Die solidarische Gesundheitsprämie

Bestandteile des Modells der Union sind eine Arbeitgeberprämie und eine persönliche Gesundheitsprämie für jeden erwachsenen Versicherten. Sie beträgt auf heutiger Basis 109 Euro. Dabei handelt es sich um einen Durchschnittsbetrag, der sich von Kasse zu Kasse unterscheiden kann.

CDU und CSU wollen den Beitrag des Versicherten zur Krankenversicherung auf höchstens sieben Prozent seines Einkommens begrenzen. Der Beitrag der Arbeitgeber würde bei 6,5 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens des Beschäftigten eingefroren. Der Arbeitgeberbeitrag soll in einen gesonderten Topf fließen. Daraus würden laut Modell weitere 60 Euro je Versicherten an die Krankenkassen fließen. In den Topf zahlen auch Renten- und Arbeitslosenversicherung ihre anteiligen Krankenkassenbeiträge ein.

Was fehlt, wird über Steuern finanziert

Mit den im Topf verbleibenden Geldern soll der Solidarausgleich für Geringverdiener ( und Kinder finanziert werden. Für Kinder - einschließlich der privat Versicherten - müssten die Eltern keine eigene Gesundheitsprämie bezahlen. Für ihre Gesundheitsversorgung erhalten die Krankenkassen aus dem Solidartopf 78 Euro monatlich pro Kind.
Was an Geldmitteln fehlt, will die Union über Steuern finanzieren. Das wären laut Unionsmodell sieben bis acht Milliarden Euro. Damit sich der Staat das leisten kann, würden CDU und CSU im Falles eines Wahlsieges 2006 den Spitzensteuersatz weniger deutlich, als von ihnen ursprünglich geplant, senken - von derzeit 42 auf 39 statt 36 Prozent.


Eines für alle
Auszug aus dem Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen vom 9. Juli 2005

Bürgerversicherung – Gesundheit für alle

Bessere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft sind wichtig. Gleichbedeutend ist es, den Menschen Sicherheit bei den elementaren Lebensrisiken zu geben. Ein verlässliches, leistungsfähiges und für alle bezahlbares Gesundheitssystem gehört für uns dazu. Wir sehen erhebliche Ineffizienzen und verkrustete Strukturen im Gesundheitssystem. An den Beiträgen der Versicherten verdienen immer noch zu viele, ohne dass die erbrachte Leistung stimmt. Deshalb wollen wir die Macht der Monopole weiter zurück drängen. Wir werden Maßnahmen zur Prävention fördern, damit Krankheit erst gar nicht entsteht, und die Patientenrechte stärken.

Der Gesundheitsbereich muss insgesamt stärker an den Bedürfnissen von Frauen ausgerichtet werden, ob in der Diagnose, Medikation oder Prävention. Wir wollen eine Bürgerversicherung, in die alle gemäß ihrer Leistungsfähigkeit einbezahlen und allen unabhängig von ihrem Geldbeutel die bestmögliche medizinische Versorgung garantiert. Es ist nicht einzusehen, warum sich Beamte, Freiberufler und Politiker durch den Wechsel in die private Krankenversicherung ihrer Solidarität mit den gesetzlich Versicherten entziehen können und nur Lohneinkommen bei der Berechnung der Beiträge einbezogen wird. An der Beitragsparität wollen wir festhalten. Wir fänden es falsch, wenn ein Pförtner den gleichen Betrag bezahlen müsste wie ein Manager. Deshalb lehnen wir die Kopfpauschale von CDU/CSU ab.

Auch für die Pflege wollen wir die Bürgerversicherung. Zusätzlich wird ergänzende Vorsorge nötig sein, um auf die steigenden Pflegekosten in einer älter werdenden Gesellschaft reagieren zu können. Wir brauchen in der Pflege schnell eine umfassende Reform: Für die Betroffenen und ihre Angehörigen, die meistens Frauen sind, aber auch zur Entlastung der kommunalen Haushalte.

Wir wollen eine Stärkung der ambulanten Pflege, eine Förderung neuer Wohnformen und Leistungsverbesserungen für Menschen mit Demenz, psychischen und geistigen Behinderungen. Wir fordern ein professionelles Netz der Unterstützung für pflegende Angehörige, um sie vor Selbstüberforderung und negativen gesundheitlichen Folgen zu schützen. Die seit Einführung der Pflegeversicherung konstanten Leistungssätze müssen an die Preisentwicklung angepasst werden.

FDP
Arbeit hat Vorfahrt
Auszug aus dem Deutschlandprogramm 2005, vorgestellt am 25. Juli 2005
Soziale Sicherheit gibt es nur mit echten Reformen

Die sozialen Sicherungssysteme sind für alle erkennbar nicht mehr leistungsfähig. Aus diesem Grunde und zur Senkung der viel zu hohen Lohnzusatzkosten, die sich im internationalen Wettbewerb wie eine gigantische Sondersteuer auf Arbeitsplätze auswirken, wollen wir die grundlegende, verlässliche Neuordnung der sozialen Sicherungssysteme. Halbherzige Reparaturen, die den Beitragsanstieg nur verzögern, langfristig aber nicht verhindern, lehnen wir ab. Die Bürger müssen sich auf die Veränderungen einstellen und durch private Vorsorge Versorgungslücken schließen können.

Für die Absicherung des Krankheitsrisikos schlägt die FDP einen Systemwechsel vor: den privaten Krankenversicherungsschutz mit sozialer Absicherung für alle. Jeder Bürger ist verpflichtet, einen Mindestumfang an Leistungen, die so genannten Regelleistungen, für den Krankheitsfall abzusichern. Der Verpflichtung sich zu versichern, kann er dabei bei einem Versicherer seiner Wahl nachkommen. Er ist frei darin, seinen Versicherungsschutz so zu gestalten, wie es seinen Bedürfnissen entspricht, also z. B. mit einem hohen oder niedrigen Selbstbehalt, mit unterschiedlichen Selbstbeteiligungen, mit einem sehr unfangreichen Leistungskatalog, mit einer vollständig freien Arztwahl oder der Akzeptanz bestimmter Einschränkungen.

Jeder Bürger hat bei Geburt und beim Versicherungswechsel einen Anspruch darauf, im Umfang der Regelleistungen unabhängig von seinem Gesundheitszustand ohne Risikozuschläge versichert zu werden. Um allen einen bezahlbaren Versicherungsschutz zu gewährleisten, muss jedes Krankenversicherungsunternehmen einen Pauschaltarif mit Kontrahierungszwang anbieten, der weder nach Alter, Geschlecht, Risiko oder sonstigen Kriterien differenziert.

Der soziale Ausgleich erfolgt nicht mehr wie bisher unkoordiniert und mit teilweise ungerechten Auswirkungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung, sondern über das an den einheitlichen Kriterien der Leistungsfähigkeit und Bedürftigkeit ausgerichtete Steuer- und Transfersystem. Ein entsprechender Pauschalbetrag als Bestandteil des liberalen Bürgergeldes sorgt dafür, dass auch Bürger, die nur über geringe oder gar keine finanziellen Mittel verfügen, eine Krankenversicherung abschließen können. Auch die Pauschalen für Kinder sowie die Kosten im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft werden durch die Steuerzahler finanziert.

Wir setzen damit auf ein freiheitliches, privates Versicherungsmodell, das auf den Prinzipien des Wettbewerbs unter Anbietern von Gesundheitsleistungen und Versicherungen und der sozialen Verantwortung beruht. Funktionsfähiger Wettbewerb entsteht durch Wahlfreiheit der Patienten, privatrechtliche Organisation der gesetzlichen Krankenkassen, durch Tariffreiheit und flexible Vertragsstrukturen. Nachhaltigkeit entsteht durch den Aufbau von Altersrückstellungen, die bei einem Wechsel des Versicherers nicht verloren gehen dürfen. Nur so ist der freie Kassenwechsel möglich. Für die FDP gilt: Wahlfreiheit statt Zwangsversicherung, soziale Marktwirtschaft statt bürokratische Staatswirtschaft, Eigenverantwortung statt Bevormundung.

Für die soziale Pflegeversicherung fordern wir mit einem gleitenden Übergang in ein nachhaltiges und generationengerechtes Pflegeversicherungssystem ebenfalls den Systemwechsel. Auch in der Pflege gilt für die FDP: Weg von der Zwangsversicherung, hin zu einer Pflicht zur Versicherung. Jeder Bürger muss, bei freier Wahl von Versicherung und Tarif, ein vorgegebenes Leistungsniveau absichern. Zusätzlich soll jeder motiviert werden, seinen Versicherungsschutz je nach Präferenz auszuweiten. Ein Versicherungswechsel muss möglich sein.

Der FDP-Vorschlag eines gleitenden Übergangs in ein kapitalgedecktes Pflegeversicherungssystem ist verbunden mit dem Aufbau von Altersrückstellungen. So können die Kosten aufgefangen werden, die auf eine alternde Gesellschaft zukommen und es wird ebenso vermieden, dass diese Kosten, wie im Umlageverfahren, auf nachfolgende Generationen verschoben werden. In einem kapitalgedeckten Pflegeversicherungssystem besteht auch kein Zusammenhang mehr zwischen der Höhe des Erwerbseinkommens und dem individuellen Versicherungsbeitrag. Diese Abkehr von der lohngebundenen Finanzierung der Pflegeversicherung ermöglicht es, den Teufelskreis von hoher Arbeitslosigkeit und steigenden Beiträgen bzw. Rekorddefiziten – im Jahr 2004 bereits in Höhe von 823 Millionen Euro – endlich zu verlassen. Der soziale Ausgleich soll aus dem Versicherungssystem dahin verlagert werden, wo er treffsicherer ist: ins Steuer- und Transfersystem. Der Beitrag für den gesetzlich verpflichtenden Versicherungsumfang ist im Bürgergeld-Modell der FDP als Pauschale enthalten.

Im Rahmen einer grundlegenden Reform wollen wir eine Dynamisierung der Leistungen, das bedeutet eine Anpassung an die allgemeine Preisniveau- und Kostenentwicklung im Pflegebereich, eine stärkere Berücksichtigung des besonderen pflegerischen Bedarfes Demenzkranker sowie eine Stärkung der Pflege im häuslichen Umfeld. Nur durch eine Dynamisierung der Leistungen wird der Umfang der zusätzlichen individuellen Vorsorge abschätzbar – die soziale Pflegeversicherung ist und bleibt eine Teilkaskoversicherung. Eine solche Ausweitung von Leistungen ist allerdings nur möglich, wenn gleichzeitig die Finanzierung geklärt ist.

Wir schlagen vor, dem Pflegebedürftigen und seinen Angehörigen mehr Freiheit in der Auswahl der Pflegeleistungen zu ermöglichen. So kann dem individuellen pflegerischen Bedarf stärker Rechnung getragen werden. Die FDP fordert ebenfalls einen Bürokratieabbau in der Pflege. Ziel aller hier zu ergreifenden Maßnahmen muss es sein, den Pflegenden mehr Zeit für die Pflege und soziale Betreuung des Pflegebedürftigen zu ermöglichen und mehr Transparenz über die Qualität der Pflegeleistungen zu gewährleisten.


Wahlprogramm
Auszug aus dem Wahlprogramm der Linkspartei.PDS, beschlossen am 27. August 2005

2.3. Solidarische Bürgerversicherung

Seit langem laufen die "Reformen" des Gesundheitswesens darauf hinaus, Patientinnen und Patienten stärker zu belasten und den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung einzuschränken. CDU und CSU planen mit der Einführung der "Kopfpauschale", jetzt Gesundheitsprämie genannt, eine noch weiter gehende Entsolidarisierung im Gesundheitswesen. Dem steht die Idee einer Bürgerversicherung von allen für alle gegenüber. Die Linkspartei.PDS will eine solidarische Bürgerversicherung, die letztlich alle Berufsgruppen und Einkommensarten in die gesetzliche Krankenversicherung und in die Pflegeversicherung einbezieht. Gerade die Einkommensstärkeren sollen sich an der Finanzierung eines solidarischen Gesundheitssystems beteiligen und nicht in die privaten Kassen ausweichen können. Die Beitragsbemessungsgrenze soll in einem ersten Schritt auf 5.100 Euro angehoben und später ganz aufgehoben werden. Wir halten am Grundsatz der paritätischen Finanzierung fest und fordern entsprechende Korrekturen.

Außerdem brauchen wir dringend Strukturreformen im Gesundheitswesen, um Effizienz und Qualität zu steigern. Die Linkspartei.PDS hat dazu konkrete Vorschläge ausgearbeitet. Die sozialen Bedingungen für die Beschäftigten im Gesundheitswesen sind so zu gestalten, dass diese ihre Verantwortung für die Patientinnen und Patienten uneingeschränkt wahrnehmen können. Dem Ärztemangel auf dem Land, insbesondere in Ostdeutschland, muss mit Modellen wie Ärztehäusern und Gemeindeschwesterstationen gegengesteuert werden, die finanzielle Anreize zur Ansiedlung in dünn besiedelten Gebieten einschließen.

2.4. Wertschöpfungsabgabe

Unternehmen zahlen heute Beiträge nach der Zahl ihrer Beschäftigten und der Höhe ihrer Bruttolöhne in die sozialen Sicherungssysteme ein. Aufgrund der ökonomischen Entwicklungen in den vergangenen Jahrzehnten ist die Zahl der Beschäftigten eines Unternehmens nicht mehr das entscheidende Moment seiner wirtschaftlichen Stärke. Die heutige Struktur der Lohnnebenkosten verteuert Arbeitsplätze. Wir wollen, dass Unternehmen nach ihrer realen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, also nach ihrer Wertschöpfung und nicht nach der Zahl der Beschäftigten und der Höhe des Bruttolohnes in die sozialen Sicherungssysteme einzahlen. Wir treten deshalb für einen Prozess ein, in dem die heutigen Lohnnebenkosten durch eine Wertschöpfungsabgabe ersetzt werden.

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