Ausbildung/Weiterbildung >> Tätigkeitsbeschreibung (Berufsbild Ergotherapie)

Tätigkeitsbeschreibung (Berufsbild Ergotherapie)

Veröffentlicht am 31.08.2005
Aktualisiert am 22.08.2022

BERUFSBEZEICHNUNGEN

Deutscher Begriff: Ergotherapeut*in

Früher übliches Synonym: Beschäftigungs- und Arbeitstherapeut/in

Benennung in englischer Sprache: Occupational therapist (m/f)

Terminus in französischer Sprache: Ergothérapeute (m/f)

Die oben genannten fremdsprachigen Berufsbegriffe dienen lediglich dem Vergleich und der Orientierung auf internationalen Arbeitsmärkten. Es handelt sich dabei um eine Übersetzung des deutschen Berufsausdrucks. Daher sind Inhalte und Abschlüsse nicht identisch oder miteinander vergleichbar.

TÄTIGKEITSBESCHREIBUNG (BILD VOM BERUF)

Ergotherapie fördert den Wiedererwerb oder Erhalt der selbstständigen Handlungsfähigkeit. Durch ergotherapeutische Interventionen wird die Lebensqualität von Menschen jeden Alters, die durch eine Erkrankung und/ oder Behinderung in der Ausführung ihrer Alltagsaktivitäten beeinträchtigt sind, erhöht.

Das Wort „Ergo“ kommt vom griechischen „érgon“ und bedeutet „Werk, Tat, Aktivität“, sinnvolles Tun. Es weist bezeichnend auf den Schwerpunkt der Ergotherapie hin: Die eingeschränkten Handlungen, die der Betroffene selbst bzw. seine Bezugspersonen als für ihn in seinem Alltag bedeutend empfindet bzw. empfinden, wieder zu ermöglichen.

Ergotherapie gehört zu den von der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannten Heilmitteln und wird aufgrund einer ärztlichen Diagnose und Verordnung initiiert.

Der Mensch wird unter ganzheitlichen Gesichtspunkten behandelt. Sowohl sein Umfeld als auch seine persönliche private wie berufliche Lebenssituation werden berücksichtigt. Ziel ist immer die größtmögliche Selbstständigkeit in den Aktivitäten des täglichen Lebens, die der bzw. dem zu Behandelnden wichtig sind. Dies kann z. B. bedeuten, sich wieder selbst ein Brot schmieren, Fahrrad fahren, ohne Hilfe einkaufen gehen, mit Freunden Eis essen, mit der Lebensgefährtin oder dem Lebensgefährten spazieren gehen, dem eigenen Hobby nachgehen, joggen oder selbstständig kochen zu können. Das Therapieziel wird individuell mit den Klient*innen und gegebenenfalls deren Bezugspersonen konkret nachvollziehbar festgelegt. Dadurch wird die Motivation der Teilnahme an der Therapie gefördert, was den Therapieerfolg positiv beeinflusst. Im Therapieprozess wird das Erreichen des Ziels überprüft und wenn notwendig angepasst.

Auch eine berufliche Wiedereingliederung oder Neuorientierung sowie ein Verbleib in der eigenen Häuslichkeit können bei der ergotherapeutischen Behandlung im Vordergrund stehen.

Eine große Bedeutung in der Therapie kann die Beratung der Angehörigen von Betroffenen haben. Schließlich prägen sie das soziale Umfeld entscheidend und spielen oft eine zentrale Rolle in der Umsetzung der Therapieziele in den Alltag. Ihre Anliegen und Bedürfnisse in Bezug auf die alltäglichen Betätigungen von Klient*innen können in den Therapieprozess mit einfließen. Außerdem soll ein verständnisvolles Miteinander im Umgang mit der oft neuen, herausfordernden Lebenssituation gefördert werden. Dabei spielen auch eine genaue Information über das Krankheitsbild des oder der Betroffenen sowie die Kontaktaufnahme zu anderen Menschen mit ähnlichen Schwierigkeiten wie z. B. bei einer Selbsthilfegruppe eine Rolle. Ziele werden gemeinsam mit allen Beteiligten herausgearbeitet, deren konkrete Umsetzung in den Alltag wird laufend reflektiert.

Die Arbeitsorte von Ergotherapeut*innen sind sehr vielfältig. So können sie beispielsweise in ambulanten Praxen, Reha-Einrichtungen, Kliniken, (Früh-)Förderzentren sowie Berufsfachschulen arbeiten.

ERGOTHERAPEUTISCHE HEILMITTEL

Motorisch-funktionelle Behandlung

Eine motorisch-funktionelle Behandlung dient der gezielten Therapie der Beeinträchtigungen der Aktivitäten und Teilhabe durch krankheits- oder unfallbedingte Schädigungen der die Bewegung betreffenden Funktionen bzw. Strukturen. Dabei kann das periphere Nervensystem betroffen sein. Thermotherapie kann die motorisch-funktionelle Behandlung unterstützen.

Beispiele für Krankheitsbilder:

  • nach Frakturen, z. B. Zustand nach (Z.n.) Radiusfraktur

  • Arthrose

  • Sehnenscheidenentzündung

  • Rheumatische Arthritis

Praxisbeispiel: Ein Klient mit einer unfallbedingten Amputation des linken Zeigefingers möchte den Briefkontakt zu seiner Großtante wieder aufnehmen. In der Betätigungsanalyse zeigt sich, dass er Linkshänder ist und aufgrund dessen den Stift nicht mehr halten und schreiben kann. Gemeinsam werden Strategien zur Umsetzung des Ziels erarbeitet. Denkbar wäre z. B. eine Veränderung der Stifthaltung (z.B. ersetzt der Mittelfinger die Funktion des Zeigefingers beim Halte- und Schreibprozess) oder/ und eine Schreibhilfe als Hilfsmittel wird ausprobiert.

Sensomotorisch-perzeptive Behandlung

Eine sensomotorisch-perzeptive Behandlung dient der gezielten Therapie bei krankheits- oder unfallbedingten Schädigungen der Wahrnehmung oder des Zusammenspiels von Bewegung und Wahrnehmung, die Einschränkungen der Alltagsaktivitäten und ggf. der Teilhabe bedeuten.

Beispiele für Krankheitsbilder:

  • M. Parkinson

  • Z.n. Apoplex

  • Multiple Sklerose

  • Entwicklungsstörungen

Praxisbeispiel 1: Eine Klientin hat einen Schlaganfall/ Apoplex erlitten. Zu Hause angekommen, werden in der Ergotherapie ihre Therapieziele ermittelt. Es ist ihr wichtig morgens selbstständig ihr Frühstück einnehmen zu können. In einer Betätigungsanalyse fällt auf, dass die Klientin beim Kaffeetrinken mehrfach neben die Tasse greift, bevor sie diese fassen kann und diese dann statt zum Mund zur Nase führt. Neben wirksamen Kompensationsstrategien werden auch das Zusammenspiel räumlich objekt- und körperbezogener Wahrnehmung und damit einhergehende Bewegungen erarbeitet, damit die Klientin ihre für sie bedeutsame Betätigung wieder zu ihrer Zufriedenheit ausführen kann.

Praxisbeispiel 2: Ein Junge hat auf Grund einer umschriebenen Entwicklungsstörung motorische Schwierigkeiten. Er möchte gerne mit seinen Freunden zusammen mit dem Fahrrad zur Schule fahren können. In der Betätigungsanalyse stellt sich heraus: Der Junge verliert beim Aufsteigen auf das Fahrrad schnell das Gleichgewicht und hat Schwierigkeiten koordiniert alternierend in die Pedale zu treten. Schritt für Schritte werden die einzelnen Aktionen analysiert und Lösungsstrategien erarbeitet. Nach und nach gelingt dem Jungen die Umsetzung, bis er schließlich sein Ziel erreicht.

Psychisch-funktionelle Behandlung

Eine psychisch-funktionelle Behandlung dient der gezielten Therapie von Einschränkungen der Alltagstätigkeiten und ggf. der Teilhabe durch krankheitsbedingte Schädigungen mentaler Funktionen, die insbesondere die Psyche und das soziale, emotionale Verhalten und ggf. die Bewegung bzw. die Wahrnehmung betreffen.

Beispiele für Krankheitsbilder:

  • Autismus

  • ADS/ ADHS

  • Angststörung

  • Borderline-Störung

Praxisbeispiel: Die Mutter eines Jungen mit frühkindlichem Autismus wünscht sich, dass er morgens ohne Widerstreben und Unruhe mit den anderen Kindern in den Schulbus steigt. Eine individuelle Betätigungsanalyse und anschließende Therapieeinheiten ergeben: Wenn der Junge auf dem Sitzplatz ganz vorne im Bus Platz nehmen darf, verhält er sich fast immer ruhig. Zusätzlich stellt sich heraus, dass er auf unerwartete Berührungen von anderen Schulkindern mit Unruhe und Abwehr reagiert. Mit Hilfe der Klassenlehrerin werden die Mitschüler darüber informiert und darum gebeten, auf die Empfindungen des Jungen Rücksicht zu nehmen.

Hirnleistungstraining/ neuropsychologisch orientierte Behandlung

Ein ergotherapeutisches Hirnleistungstraining dient der gezielten Therapie von Einschränkungen der Aktivitäten und ggf. der Teilhabe krankheits- oder unfallbedingter Einschränkungen der geistigen, kognitiven Funktionen.

Beispiele für Krankheitsbilder:

  • depressive Störungen

  • kognitive Einschränkungen z. B. durch Schlaganfall, Multiple Sklerose, Kopfverletzungen

Praxisbeispiel: Ein Klient nach einem Schädelhirntrauma beginnt eine Wiedereingliederung in seinem Beruf als Sekretär. In der Arbeit stößt er immer wieder an seine Grenzen und ihm unterlaufen Fehler. In der Ergotherapie wird bei der Betätigungsanalyse gemeinsam erhoben, dass er sich die mündlichen Anweisungen seines Chefs nur begrenzt merken kann. In der darauf folgenden Interventionsplanung werden auf seinen Wunsch hin die Merkfähigkeit zunächst in Bezug auf kurze, später auf längere Anweisungen trainiert. Parallel werden Kompensationsstrategien (z. B. Diktiergerät, das Anfertigen von Kurznotizen mit Hilfe von Schlagworten …) sowie die Kommunikation mit dem Chef über seine derzeitige Situation besprochen.

 

Alle Heilmittel sind sowohl als Einzel-, Gruppen- oder Parallelbehandlung möglich. Bei einer Einzeltherapie werden mit Hilfe einer direkten therapeutischen Intervention individuell und gezielt alltägliche Aktivitäten gefördert. In einer Parallelbehandlung werden unter bestimmten Voraussetzungen, wie z. B. Verordnung desselben Heilmittels, zwei Patient*innen von einem bzw. einer Therapeut*in gleichzeitig behandelt. Dies kann bei einem Ziel wie der Förderung der Konzentration oder der geteilten Aufmerksamkeit, z. B. bei den Hausaufgaben, hilfreich sein. Die Gruppentherapie (3-6 Personen) ist bei einer Zielsetzung in Bezug auf gruppendynamische und soziale Aspekte von alltäglichen Handlungen hilfreich.

 

Die Ergotherapie zeichnet ein sehr vielseitiges Berufsbild in deren Mittelpunkt die individuellen Anliegen der kleinen und großen Klient*innen stehen.

Auf unserer Webseite arbeiten wir teilweise sprachlich dem Duden entsprechend mit dem generischen Maskulinum. Dies bedeutet, dass die allgemein bekannte verallgemeinernde, grammatikalisch männliche Bezeichnung gewählt wird. Hiermit sind in jedem Fall Personen aller Geschlechter gleichermaßen gemeint.
Verfolgen Sie Nachrichten des
BED e.V. auch bei
Follow BEDVerband on Twitter facebook
oder abonnieren Sie unseren
Alle relevanten Brancheninformationen erhalten Sie als Mitglied unmittelbar über die
BED e.V. Supergruppen direkt auf Ihr Smartphone, Tablet oder Ihren PC.
Verband BED e.V. Gründung Existenzgründung Ergotherapie Verband Verein Ergotherapeuten Bundesverband Sanierung Selbstständigkeit Beratung Existenz Förderung Deutschland Gemeinschaft Ergo Medizin Gesundheit Heilmittelrichtlinien Ergotherapie Praxis Existenzgründung DVE Mitglied Therapie Therapeut Anatomie Physiologie Elternratgeber Ergotherapie Frühförderung Geriatrie Gesetze Berufsratgeber Neurologie Orthopädie Pädiatrie Psychiatrie Psychologie Psychomotorik Rheumatologie Sprachtherapie Theorie Verband Ergotherapie Pflege Motorikförderung Ergotherapie www.bed-ev.de Verband für Ergotherapeuten in Deutschland Verband für Ergotherapeuten in Deutschland Homepage für Ergotherapie Verband der Ergotherapie ergotherapeutischer Bundesverband Ergotherapie in Deutschland deutscher Verband für Ergotherapeuten Deutscher Ergotherapieverband Bundesverband für Ergotherapeuten ergoXchange Deutscher Verband der Ergotherapeuten Ergotherapie in den Niederlanden Ergotherapie in der Schweiz Ergotherapie in Österreich