Veröffentlicht am 04.04.2006
Düsseldorf/Köln (kobinet) Mit Sorge beobachtet die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe die Praxis verschiedener Ärzte, Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie nicht mehr zu verordnen, weil die Heilmittelbudgets angeblich im Vergleich zum Vorjahr stark gekürzt worden seien. "Von den Auswirkungen einer solchen Verordnungspraxis sind vor allem behinderte Menschen und - ganz besonders - behinderte Kinder betroffen", warnte heute der Dachverband der Selbsthilfeorganisationen behinderter und chronisch kranker Menschen in Deutschland in einer Pressemitteilung. Begrüßt wird die Forderung von Karin Evers-Meyer, der Behindertenbeauftragten der Bundesregierung, die Versorgung behinderter Menschen mit Heilmitteln sicher zu stellen (kobinet 23.3.06).
Auf der Webseite des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte wurde indessen berichtet, dass die Krankenkassen den Forderungen des nordrheinischen Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte gefolgt sind. Die Ärzte könnten künftig wieder ihre schwer kranken und chronisch kranken Patienten ausreichend mit Heilmitteln - etwa Krankengymnastik oder Sprachtherapie - versorgen. Die Heilmittelverordnung, die seit Anfang des Jahres mit starren Durchschnittswerten zu drastischen Heilmittel-Einsparungen zwang, werde sinnvoll ergänzt: Kinder- und Jugendarztpraxen, die nachweisen, dass sie mehrfach behinderte und bestimmte chronisch kranke Kinder versorgen, können die Kosten für deren Heilmittelverordnungen aus dem gedeckelten Gesamtbudget herausrechnen und vorab gesondert berechnen.
"Mit der neuen Regelung ist die Gefahr gebannt, dass nach der Rasenmähermethode gespart wird und chronisch kranke und mehrfach behinderte Kinder nicht mehr ausreichend behandelt werden können. Wir sind glücklich, dass die nordrheinischen Krankenkassen unseren Ratschlägen gefolgt sind und wir nun wieder unsere chronisch kranken und mehrfach behinderten Patienten ohne Angst vor Regresszahlungen angemessen therapieren können", heißt es. Die neue Regelung garantiert den Kinder, die es nötig haben, ihre Therapie, und gibt Ärzten Rechtssicherheit, so Dr. med. Thomas Fischbach, Landesvorsitzender der nordrheinischen Kinder- und Jugendärzte. Er erwartet von der Politik, in Kinderbetreuungseinrichtungen und Grundschulen durch mehr und besseres Personal dafür zu sorgen, dass auch die durch häusliche Vernachlässigung entstehenden Entwicklungsverzögerungen rechtzeitig erkannt und im Rahmen der Frühförderverordnung behandelt werden. sch