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Entwurf: Kassenausgaben zum Fondsstart decken – Verzicht auf kleine Kopfpauschale

Veröffentlicht am 24.08.2006

Die Finanzprobleme einzelner Krankenkassen müssen nach einem vorläufigen Arbeitsentwurf aus dem Gesundheitsministerium vor der im Juli 2008 geplanten Einführung des Gesundheitsfonds gelöst sein. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssten deshalb 2008 mit Beitragserhöhungen rechnen, hieß es am Mittwoch aus Koalitionskreisen. Die Rede ist von einem Satz von bis zu 15,7 Prozent. Bislang geht die Koalition davon aus, dass der Durchschnittssatz von 14,2 Prozent 2007 um 0,5 Punkte steigt.

Der Ministeriumsentwurf, aus dem am Mittwoch mehrere Zeitungen zitierten und der nach dpa-Informationen Basis für weitere Beratungen in der Koalition sein soll, bekräftigt das beschlossene Fondsmodell. Die Kassen sollen einen gesetzlich festgelegten Einheitsbeitrag für jedes Mitglied – plus einen Zuschlag bei vielen Kranken im Versichertenkreis – aus dem Fonds erhalten. Als Start ist Juli 2008 vorgesehen. Wie die Zuschläge berechnet werden, ist noch unklar.

Defizitäre Kassen, die vor allem bei den AOKen zu finden sind, sollen zuvor von Kassen gleicher Art entschuldet werden, wenn sie es nicht aus eigener Kraft schaffen. Dann müsste also möglicherweise ein AOK aus dem Süden für die aus dem Norden zahlen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bereits am Montag gesagt: "Wir müssen jetzt schauen, inwieweit es möglich ist, innerhalb der einzelnen Kassengruppen eine Entschuldung hinzubekommen, denn ansonsten ist der Start in den Gesundheitsfonds nicht möglich."

Merkel sagte weiter: "Zu- und Abschläge und der Gesundheitsfonds gehören dann für mich schon zusammen." Falls Kassen mit dem Geld aus dem Fonds nicht auskommen, sollen sie einen prozentualen oder pauschalen Zusatzbeitrag von ihren Mitgliedern erheben können. Wohlhabende Kassen können Boni ausschütten.

Auf die kleine Kopfpauschale will das Gesundheitsministerium offenbar zunächst verzichten. Für die Kassen sollen "mit Errichtung des Gesundheitsfonds die Ausgaben zu 100 Prozent gedeckt sein", zitiert die "Süddeutsche Zeitung" aus dem Arbeitsentwurf für das Gesetz. Das heißt, zu Beginn des Gesundheitsfonds müsste keine Kasse eine Extraprämie von ihren Versicherten einziehen.

Erwirtschaftet eine Kasse Überschüsse, kann sie aber Boni zahlen. Die sollen zunächst aber nicht unbegrenzt hoch sein: Die monatlichen Auszahlungen bis 2009 dürfen laut "Süddeutscher Zeitung" "zehn Euro nicht übersteigen".

Der SPD-Gesundheitspolitiker Prof. Karl Lauterbach warnte davor, der gesetzlichen Krankenversicherung zum geplanten Fondsstart zu wenig Geld zur Verfügung zu stellen. "Eine Umstellung des Systems kann nur erfolgen, wenn der Beitragssatz so hoch ist, dass nicht einzelne Kassen zum Fondsstart Zusatzbeiträge erheben", sagte er der dpa. Eine reine Entschuldung der Kassen reiche nicht, da die verschuldeten Kassen hohe laufende Kosten hätten und somit rasch mehr bräuchten als die Einheitsbeträge aus dem Fonds. "Es ist zwar bitter, dass der Beitragssatz dann vorher stark steigen muss, aber das lässt sich nicht vermeiden", sagte Lauterbach.

Lauterbach warnte vor einer "murksigen Einführung, bei der das Ding auf Kante kalkuliert wird". Müssten einzelne Kassen gleich Zusatzprämien verlangen, drohe ihnen ein schneller Aderlass an gesunden Versicherten – mit der Folge, dass die verbliebenen Mitglieder noch mehr zusätzlich zahlen müssten. "Der Zusatzbeitrag ist eine Reserve, sie können aber nicht gleich mit dem Reservetank starten", sagte Lauterbach. Der einzige Weg, weitere Beitragssatzsteigerungen 2008 zu vermeiden, sei, Steuermehreinnahmen in die gesetzliche Krankenversicherung zu leiten.

Die Arbeitgeber haben den Plan, bei der Einführung des Fonds zunächst auf Zusatzbeiträge zu Lasten der Versicherten zu verzichten, kritisiert. "Wenn die Ausgaben der Krankenkassen zunächst sogar zu 100 Prozent aus dem Gesundheitsfonds gedeckt werden, wird über den Zusatzbeitrag der Versicherten weder eine Senkung des Beitragssatzes noch ein Einstieg in die Abkopplung der Finanzierung der Gesundheitskosten von den Arbeitskosten erreicht", warnte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände am Mittwoch in Berlin.

Die vorgesehene enge Begrenzung der Zusatzbeiträge müsse fallen, forderte die BDA. Diese Beiträge sollen dann fällig werden, wenn eine Krankenkasse mit dem Geld aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommt. Ein erstes Arbeitspapier aus dem Ministerium sieht vor, dass die Kassen zum Fondsstart im Juli 2008 so viel Geld aus Beitrags- und Steuermitteln bekommen, dass sie zunächst keine solche Zusatzprämien von ihren Mitgliedern verlangen müssen.

Ende 2005 hatten die AOKen Nettoschulden in Höhe von rund 1,4 Milliarden Euro. Ohne Verrechnung mit Finanzreserven einzelner AOKen beliefen sich die Schulden auf 2,7 Milliarden Euro. Bei den Betriebskrankenkassen gab es Nettoschulden von 200 Millionen Euro, die Arbeiter- und Angestelltenersatzkassen hatten netto ein Plus von 100 Millionen und die Innungskassen von 360 Millionen Euro. Insgesamt konnten die gesetzlichen Krankenkassen nach einem "Handelsblatt"-Bericht im ersten Quartal ihr Defizit nur deshalb auf rund 300 Millionen Euro abbauen, weil sie im Mai einen Steuerzuschuss von 2,1 Milliarden Euro erhielten.

Der FDP-Gesundheitspolitiker Daniel Daniel Bahr kritisierte: "Der Arbeitsentwurf bereitet den Weg in ein staatliches und zentralistisches Gesundheitswesen."


Mi, 23.08.2006 17:01 / dpa/bl

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