Veröffentlicht am 04.11.2006
Der langsame Verlust des Geistes
ERSTELLT 02.11.06, 21:16h, AKTUALISIERT 02.11.06, 21:18h
Die Krankheit Alzheimer ist eine langsam fortschreitende Hirnerkrankung. Sie ist die häufigste Form der Demenz, dem Oberbegriff für Krankheitsbilder, die mit dem Verlust geistiger Fähigkeiten einhergehen. Rund 60 Prozent der Demenzen werden durch eine Alzheimer-Erkrankung hervorgerufen. Die Krankheit beginnt in der Regel schon mehrere Jahrzehnte, bevor die ersten Symptome auftreten. Offenkundig wird sie meist nach dem 65. Lebensjahr und führt nach durchschnittlich acht bis zehn Jahren zum Tod.
Die SymptomeIm Anfangsstadium können Alzheimer-Kranke noch vollkommen selbständig leben. Sie werden vergesslicher, haben Schwierigkeiten, sich zeitlich zu orientieren. Im mittelschweren Stadium kann der Patient schlechter rechnen und Probleme lösen, im Haushalt und beim Ankleiden hat er Schwierigkeiten. Die Sprache ist gestört, er vernachlässigt seine Hygiene und leidet unter Wahnvorstellungen, glaubt etwa bestohlen worden zu sein. Typisch sind auch extreme Stimmungsschwankungen und eine Veränderung der Persönlichkeit. Im schweren Stadium wird der Alzheimer-Kranke zum Pflegefall. Sein Langzeitgedächtnis setzt aus, es wird ihm unmöglich, Sätze zu bilden. Angehörige kann er nicht mehr erkennen. Hinzu kommen Inkontinenz und Orientierungslosigkeit.
Die UrsachenZunächst fast unbemerkt entstehen im Gehirn Ablagerungen aus Eiweißbruchstücken, so genannte Plaques. Diese behindern die Reizübertragung der Nervenzellen untereinander. Im Laufe der Zeit sterben dann die Nervenzellen und ihre Verbindungen in den Regionen des Gehirns, die an Gedächtnis, Sprache und Denkfähigkeit beteiligt sind. Ob die Ablagerungen Ursache oder Begleiterscheinung des Zelltodes sind, ist bisher nicht geklärt. Ebenso ist die Ursache des Leidens noch unbekannt. Vieles deutet darauf hin, dass es mehrere Auslöser gibt. Nur in Ausnahmefällen wird die Krankheit durch Genveränderungen ausgelöst und bricht schon in jüngerem Alter aus. Neuere Forschungen zeigen, dass die Krankheit auch durch Einflüsse von außen entstehen könnte.
Die BehandlungEine Heilung der Alzheimer-Krankheit ist derzeit nicht möglich. Durch Medikamente kann die fortschreitende Verschlechterung der geistigen Fähigkeiten für einige Monate bis Jahre verzögert werden. Zur medikamentösen Behandlung werden zwei Arzneimittelgruppen benutzt, die die gestörten Nervenbotenstoffe Acetylcholin und Glutamat positiv beeinflussen. Die Acetylcholinesterase (ACE)-Hemmer sind zurzeit die vielversprechendsten Medikamente für die beginnende Krankheit. Für die schwerere Demenz werden so genannte Memantine (NMDA-Antagonisten) eingesetzt, die beim Botenstoff Glutamat ansetzen. Alle Medikamente haben aber Nebenwirkungen wie etwa Übelkeit, Unruhe und Durchfall. Außer Medikamenten helfen nach Angaben von Fachärzten Ergotherapie oder Sprachtraining. Manchmal ist auch eine Behandlung mit Antidepressiva notwendig. Je früher die Krankheit erkannt wird, umso effektiver kann behandelt werden. Hauptproblem ist die meist fehlende Krankheitseinsicht.
Die ZahlenAllein in Deutschland haben 700 000 bis 1,2 Millionen Menschen Alzheimer im mittelschweren bis schweren Stadium. Die Angaben schwanken, da nicht in allen Fällen eine Diagnose gestellt wird, obwohl ein Facharzt dies auch zu Lebzeiten des Patienten eindeutig kann. Weil mit zunehmendem Alter das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, steigt (jeder Vierte 80- bis 90-Jährige hat eine Demenz), rechnet die Deutsche Alzheimer Gesellschaft damit, dass in Deutschland spätestens im Jahr 2040 die Zwei-Millionen-Marke überschritten sein wird. Weltweit sollen es über 20 Millionen sein.
Die VorbeugungBislang gibt es keinen verlässlichen Schutz vor Alzheimer. Geistige, körperliche und soziale Aktivität wirken jedoch generell positiv und können das Risiko verringern. Außerdem empfiehlt die Alzheimer Gesellschaft eine gesunde Lebensführung: ausgewogene, fett- und cholesterinarme Ernährung mit viel Obst und Gemüse, die reich an Vitamin C, E und Beta-Karotin sind, und die Behandlung von Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen und Zuckerkrankheiten.
Die ForschungEine erste große Impfstudie im Jahre 2001 musste allerdings wegen schwerer Nebenwirkungen abgebrochen werden. Wenn der Impfstoff ein Erfolg wird, ist in frühestens sechs bis sieben Jahren mit einem kommerziellen Präparat zu rechnen. (ane / dpa)