Veröffentlicht am 14.01.2025
Die Stiftung Gesundheit führte im Auftrag des BED e.V. eine Befragung zu den ersten Erfahrungen mit der neuen Versorgungsform nach § 125a SGB V in der Ergotherapie durch.
https://www.stiftung-gesundheit.de/studien/umfrage-ergotherapeuten-blanko-verordnung/
Methodik
Umfragezeitraum 22.-26.11.2024
Verteiler Anzahl: 4913
Vollständig ausgefüllt: 184
Responderquote: 3,8 %
Repräsentatives Ergebnis mit Konfidenzniveau von 95 %
Ergebnisse
96 % der Umfrageteilnehmer nehmen auch an der neuen Versorgungsform teil,
4 % nehmen nicht teil.
Gründe für Nicht-Teilnahme an der Blanko-Verordnung:
- bisher keine Verordnung erhalten
- anderer Behandlungsschwerpunkt
- generelle Ablehnung
- Liquiditätsgründe
Positive Erfahrungen
(% bezogen auf Umfrageteilnehmer)
Therapie kann individuell an die Bedürfnisse der Klienten angepasst werden. |
75 % |
Ich variiere häufiger bei der Auswahl der Therapiedauer. |
64 % |
Die Verordnungen größtenteils korrekt ausgefüllt. |
55 % |
Ich variiere häufiger bei der Therapiefrequenz |
50 % |
Die Zufriedenheit der Klienten ist verbessert. |
28 % |
Es gelingt teilweise schneller das Therapieziel zu erreichen. |
28 % |
Die Zufriedenheit der Therapierenden ist verbessert. |
26 % |
Ich variiere häufiger bei der Auswahl des Heilmittels. |
25 % |
Es gelingt noch besser die Klienten in den Therapieprozess einzubinden. |
20 % |
Die Ärzte sind über die neue Versorgungsform gut informiert. |
6 % |
Negative Erfahrungen
(% bezogen auf Umfrageteilnehmer)
Die Zuzahlungssystematik ist zu kompliziert. |
53 % |
Die mögliche Flexibilität ist in der Terminplanung nur schwer abzubilden. |
49 % |
Die Ärzte sind nur schlecht über die Blankoversorgung informiert. |
45 % |
Höhe der Zuzahlungen führt teilweise zu einem Therapieverzicht der Klienten |
39 % |
Größerer wirtschaftlicher Schaden durch Absetzungen als in § 125. |
28 % |
Fehlende Möglichkeit zu Zwischenabrechnungen führt zu Liquiditätsengpässen |
25 % |
Die vertraglichen Rahmenbedingungen sind zu komplex. |
20 % |
Die vertraglichen Rahmenbedingungen sind nur schwer verständlich. |
19 % |
Akzeptanz für mehr Flexibilität ist bei Therapierenden teilweise nicht gegeben |
13 % |
Die Verordnungen sind häufig falsch ausgestellt. |
12 % |
Akzeptanz für mehr Flexibilität bei den Klienten ist teilweise nur gering |
11 % |
Absetzungen Blankoversorgung häufiger als nach § 125. |
6 % |
Punkte, die in Kommentaren nochmals hervorgehoben wurden:
- Blankoverordnung wird positiv bewertet
- Verordnende sind schlecht informiert
- Häufiger der Hinweis, dass Eigeninitiative bei der Aufklärung der Ärzte erforderlich ist.
- Zuzahlungsregelung und – Höhe werden als problematisch beschrieben, bis hin zu Therapieverzicht
- Hier auch der Hinweis, dass gerade für Klienten mit psychischen Erkrankungen das Thema Zuzahlung eine sehr hohe Barriere darstellt.
- Liquiditätsprobleme durch fehlende Zwischenabrechnung
- Anteil an Blankoverordnungen wird häufiger als zu niedrig beschrieben
- Probleme bei der Zuordnung von Diagnosen zu SB1 oder SB2 – Angst vor Absetzungen
Nutzung der Ampelphasen
64 % der Teilnehmer geben an, die maximal möglichen Therapiezeiten in der Grünen Phase nie oder nur in Einzelfällen zu nutzen,
68 % nutzen nie Therapiezeiten in der Gelben Phase,
85 % nutzen nie Therapiezeiten in der Roten Phase.
Zusammenfassung und Bewertung
Die Umfrage der Stiftung Gesundheit liefert einen ersten Einblick in die Umsetzung der Blankoverordnung in der ergotherapeutischen Versorgung.
Positiv ist, dass die neue Versorgungsform von den Therapierenden größtenteils angenommen wird und die Therapie tatsächlich individueller an die Bedürfnisse der Klient*innen angepasst werden kann.
Die Ergebnisse zeigen auch, dass sich die Zufriedenheit der Klient*innen verbessert und dass sie besser in den Therapieprozess eingebunden werden können. Auch das Therapieziel kann teilweise schneller erreicht werden.
Zudem wird deutlich, dass die von den Kassen zwanghafte Angst vor Mengenausweitungen absolut unbegründet ist und dass das Ampelsystem tatsächlich eine gute Steuerungsmöglichkeit darstellt, um auch in Einzelfällen eine gute und individuelle Patientenversorgung zu ermöglichen.
Überraschend ist die Rolle der Ärzteschaft. Die Verordnenden sind schlecht über die neue Versorgungsform informiert und lehnen diese in manchen Fälle sogar kategorisch ab.
Dass die Zuzahlungsregelung als problematisch angesehen wird und die Höhe der Zuzahlungen teilweise zu einem Therapieverzicht führt, überrascht hingegen nicht. Dies haben wir bereits im Vorfeld der Verhandlungen thematisiert. Eine politische Lösung mahnen wir schon länger an und halten diese anhand des hier erkennbaren Ergebnisses für dringlicher als zuvor.
Die fehlende Möglichkeit zur Zwischenabrechnung und daraus resultierende Liquiditätsengpässe haben wir ebenfalls schon mehrfach als Problem benannt. Leider stehen wir hier mit der Forderung nach der Möglichkeit zur Zwischenabrechnung allein und stoßen bei unseren Vertragspartnern zwar nicht auf taube Ohren aber auf fehlendes Verständnis.
Nachbesserungen sind aus unserer Sicht auf der Ebene der Vertragspartner, des Gesetzgebers und auch bei der Information der Ärzteschaft erforderlich, um die positiven Effekte für die Patientenversorgung durch die Blankoverordnung auch allen GKV-Versicherten zugänglich zu machen.