Veröffentlicht am 23.01.2025

Im Vorfeld der Bundestagswahl am 23.02.2025 lesen Sie hier die aktuelle Ausgabe unserer Artikelserie zum Wahlprogramm der SPD.
Wie immer versuchen wir an dieser Stelle eine möglichst neutrale Zusammenfassung der Forderungen aus den Wahlprogrammen mit dem Schwerpunkt auf wirtschaftliche und gesundheitspolitische Vorhaben der Parteien.
Dabei nutzen wir den üblichen Schleier des Vergessens und hinterfragen nicht, wer wann was gesagt, gefordert, getan oder unterlassen hat oder gar in Regierungsverantwortung war, sondern nehmen die Wahlprogramme strikt als Versprechen für die Zukunft und ordnen diese Versprechen ein.
Diese Einordnung der Wahlprogramme am Artikelende erfolgt natürlich aus unserer Perspektive – also subjektiv, um möglicherweise noch Aspekte anzusprechen, die auf den ersten Blick nicht sofort ins Auge springen.
Nachdem wir alle Wahlprogramme vorgestellt haben, werden wir abschließend eine Übersicht der einzelnen Forderungen erstellen. Hierbei legen wir dann insbesondere den Fokus auf die Umsetzbarkeit und die möglichen Auswirkungen auf Therapierende, um die Versprechen der Wahlprogramme nicht ohne Kontext einfach zu wiederholen.
Das SPD-Wahlprogramm
Die SPD hat am 11.01.2025 ihr Wahlprogramm verabschiedet.
Im Wahlkampf setzt die SPD auf Themen wie Energie, Infrastruktur, bezahlbare Mieten, Klimaschutz und die Unterstützung der Ukraine. Ebenso will man für gute Gesundheit und Pflege kämpfen.
Wachstum und sichere Arbeitsplätze
Der Wirtschaft will die SPD mit einem Investitionsturbo wieder auf die Beine helfen. Dazu setzt die SPD auf eine sichere und bezahlbare Energieversorgung durch erneuerbare Energien. Dazu ist ein Ausbau der Stromnetze erforderlich, der über Aufschläge auf den Strompreis finanziert werden soll. Dieser Aufschlag soll „schnellstmöglich“ auf 3 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt werden. Energieintensive Branchen sollen mit Hilfe der Europäischen Kommission eine Strompreiskompensation erhalten um wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Verkauf von E-Autos soll attraktiver werden, Zuschüsse soll es dabei auch für junge Gebrauchte und Leasingkäufe geben.
100 Milliarden Euro für den „Deutschlandfonds“
Um Investitionen in den Wirtschaftsstandort zu fördern soll ein Deutschlandfond errichtet werden, der auch unter den bisherigen Bedingungen der Schuldenbremse funktionieren soll. Der Fond soll zunächst mit 100 Milliarden Euro ausgestattet sein. Dabei soll auch privates Kapital z. B. von Versicherungen oder Pensionskassen mobilisiert werden. Staatliche Aufgaben der Daseinsvorsorge sollen von einer Privatisierung ausgeschlossen sein.
Zudem will die SPD gezielte Anreize für Investitionen von Unternehmen setzen. Dies soll vornehmlich durch Investitionsprämien für Unternehmen erfolgen. So soll beispielsweise jede Betriebs- oder Unternehmensinvestition in Maschinen und Geräte direkt mit einer Steuererstattung von 10 % der Anschaffungskosten gefördert werden. Steuerliche Entlastungen soll es auch für Investitionen von Personenunternehmen geben. Diese Art der Investitionsförderung sei heute schon mit der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse vereinbar.
Reform der Schuldenregel
Trotzdem sei eine grundsätzliche Reform der Schuldenregel erforderlich. Nur so seien verabredete Ausgaben für Sicherheit und Verteidigung verlässlich gesichert. Die Kreditobergrenzen der Schuldenregel sollen reformiert und Ausnahmetatbestände eingeführt werden. Zudem sollen auch die Länder die Möglichkeit erhalten Kredite aufzunehmen. Auch die Tilgungsverpflichtung sei auf den Prüfstand zu stellen. Diese führe zu Einsparzwängen in zukünftigen Haushalten.
Festhalten am Solidaritätszuschlag
Der Solidaritätszuschlag hat sich nach Ansicht der SPD bewährt. Leisten müssten diesen nur noch die 10 % der Steuerpflichtigen mit den höchsten Einkommen, sowie Kapitalgesellschaften und Bezieher von Kapitalerträgen. Es soll dabei aber sicher gestellt werden, dass der Kreis der betroffenen Steuerpflichtigen nicht größer wird.
Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel
Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für Lebensmittel soll von bisher 7 % auf 5 % abgesenkt werden. Eine Weitergabe an die Verbraucher ist dabei aufgrund des scharfen Wettbewerbs im Handel durchaus wahrscheinlich.
Höhere Einkommen stärker heranziehen
Die SPD möchte die Erbschafts- und Schenkungssteuer reformieren, denn große Unternehmensvermögen seien hier bisher privilegiert. Die ausgesetzte Vermögenssteuer soll für sehr hohe Vermögen wieder eingeführt werden und man will sich im Rahmen der G20 für eine international koordinierte Mindeststeuer für Superreiche einsetzen. Einkommen aus Kapital soll grundsätzlich über den Einkommenssteuertarif versteuert werden und die Spekulationsfrist von 10 Jahren für den Verkauf von nicht selbstgenutzten Immobilien soll gestrichen werden, wodurch der Gewinn bei dem Verkauf einer Immobilie dann immer zu versteuern wäre.
Gesundheitspolitik
Zur Sicherung der Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung hält die SPD an dem von ihr schon lange verfolgten Ziel einer solidarischen Bürgerversicherung fest, bei dem Krankenkassen und private Versicherer beteiligt werden sollen. Versicherungsfremde Aufgaben der Krankenkassen sollen zukünftig aus Steuermitteln finanziert werden.
Für alle Leistungserbringer möchte die SPD ein einheitliches und einfaches Vergütungssystem schaffen, das auch die Vorhaltekosten der Leistungserbringer absichert.
Termingarantie
Um Wartezeiten zu verringern, will die SPD eine Termingarantie der Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen einführen. Dadurch sollen Gesetzlich Versicherte genauso Termine erhalten können, wie Privatversicherte. Bei Nichteinhaltung der Termingarantie sollen die Versicherten einen Anspruch auf Beitragsreduzierungen haben.
Weitere Schwerpunkte sollen Prävention und Digitalisierung bilden. Der digitalisierte Datenaustausch soll dabei die Erforschung neuer Therapien unterstützen und für die Krebsbehandlung und Demenz wird KI nach Ansicht der SPD Heilungen ermöglichen.
Pflege
Pflegebedürftigkeit darf kein Armutsrisiko sein – so das klare Statement der SPD. Dazu will man ein gemeinsames, solidarisch finanziertes Pflegesystem schaffen.
Im ersten Schritt sollen die privaten Pflegeversicherungen in den Risikostrukturausgleich zwischen allen Pflegekassen einbezogen werden. Die hohen Eigenanteile bei den Pflegekosten in der stationären Langzeitpflege sollen auf 1.000 Euro pro Monat gedeckelt werden. Auch für die häusliche Pflege soll eine entsprechende Begrenzung eingeführt werden.
Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Gesundheitsberufen
Die SPD erkennt die Gefahr durch den Fachkräftemangel in den Gesundheitsberufen. Deshalb müssten in den Bereichen Lohn, Arbeitszeiten und Befugnisse Verbesserungen erfolgen. Die Refinanzierung von tarifgebundenen Gehältern und die Stärkung der Zusammenarbeit aller Gesundheitsberufe sieht die SPD hier als wichtige Bausteine. Den Pflegefachpersonen will man zukünftig mehr Befugnisse einräumen.
Einordnung
Die SPD nennt in ihrem Programm viele wichtige Punkte, die sicher auch viele Bürgerinnen und Bürger unterschreiben würden. Beim Lesen des Programms schwingt jedoch unterschwellig das Gefühl mit, die SPD glaube selbst nicht an die Umsetzung.
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) veranschlagt für die Summe der von der SPD versprochenen Steueränderungen ein zusätzliches Minus von 30 Milliarden Euro (Quelle: IW Köln). Damit liegt die SPD unter den Versprechen der meisten anderen Parteien.
Positiv fällt auf, dass die SPD mit dem Deutschlandfonds zumindest einen Refinanzierungsvorschlag für die dringend benötigten Investitionen in die Infrastruktur vorlegt. Wie dabei die Aktivierung von privatem Kapital, jedoch konkret gelingen kann und wie hoch dieser Anteil am Deutschlandfonds sein soll, bleibt offen. Zu bedenken ist hierbei, dass privates Kapital vermutlich höher als normale Staatsanleihen verzinst werden muss, wenn es zu den gewünschten Investments kommen soll.
Beim wichtigen Thema der Rentenfinanzierung liefert die SPD keine Antwort, sondern belastet laut ifo Institut ausschließlich die erwerbsfähige Generation (Quelle: ifo Institut).
Insgesamt bemüht sich die SPD beim Thema Gesundheit um eine Aneinanderreihung von Bulletpoints wie z. B. starke Gesundheitswirtschaft, Liefersicherheit von Arzneimitteln, Gesundheitskioske, Versorgung für Kinder und Jugendliche oder bei psychischen Erkrankungen. Aber über eine Nennung von Punkten kommt das Wahlprogramm oft nicht hinaus. Eine Vision für die zukünftige Versorgung unter den besonderen Herausforderungen der demografischen Entwicklung ist nicht greifbar.
Wichtig und richtig ist die Forderung der SPD, die GKV-Versicherten um den Faktor der Versicherungsfremden Leistungen zu entlasten. Der Sozialverband VdK hat jüngst die so zu erzielende Entlastung in der GKV mit 37,7 Milliarden Euro beziffert. Dies würde einer Beitragssatzsenkung von 2,21 Prozentpunkten entsprechen. (Quelle: VdK Sozialverband).
Geradezu abenteuerlich mutet hingegen die Forderung nach einer Termingarantie für die ärztliche Versorgung an. Dies wäre schon unter den heutigen Versorgungsbedingungen kaum realisierbar.
Therapieberufe nennt die SPD in ihrem Programm nicht und auch bei der Erweiterung der Kompetenzen denkt man augenscheinlich nur an Pflegefachpersonen.
Praxisinhabende in der Heilmittelversorgung könnten von der versprochenen Investitionsförderung profitieren.