Veröffentlicht am 29.03.2007
Aus Angst, von ihrer eigenen Vereinigung in Regress genommen zu werden, verordnen Ärzte weniger.
Von Jens Peter MeierGroßhansdorf -
Eine zeitlang hat ihr Protest gefruchtet, doch jetzt spüren die Bewohner der Großhansdorfer Wohn- und Rehastätte am Eilbergweg wieder den Rotstift. "Ich bekomme nicht mehr das Therapieangebot, das ich benötige", sagt Petra Laleye (44). Seit einer Hirnblutung ist sie auf den Rollstuhl angewiesen. Doch ihr Arzt weigert sich, ihr Ergotherapie und Krankengymnastik nach ihrem Bedarf zu verordnen. Petra Laleye weiß auch, warum: "Er hat Angst davor, von der Kassenärztlichen Vereinigung in Regress genommen zu werden."
Schon 2006 hatten etwa 30 Bewohner der Rehastätte vor dem Sitz der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in Bad Segeberg demonstriert. Mit Erfolg, denn danach wurde die Verschreibungspraxis wieder großzügiger gehandhabt. Krankenkassen und die KV hatten sich darauf geeinigt, die Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen. Ärzte, die überdurchschnittlich viele Schwerstkranke behandeln, sollten ein höheres Budget erhalten.
Doch in den vergangenen Monaten wurden die Verordnungen erneut nur sehr restriktiv ausgestellt. "Unsere Bewohner erhalten die Behandlungen nicht mehr in dem Umfang, wie sie benötigt werden", sagt Gudrun Dräger (51), die Leiterin der Rehastätte. Notwendige Therapien müssten unterbrochen werden, die Erfolge seien gefährdet. "Man sieht, wie die Patienten mehr und mehr verfallen", sagt Pflegedienstleiterin Elke Petereit (52).
"Wir haben den Eindruck, dass die KV die Ärzte nicht ausreichend informiert", sagt Gudrun Dräger. Viele Ärzte befürchteten, dass sie bei Überschreitung ihres Budgets nach einer so genannten Richtgrößenprüfung in Regress genommen werden. "Diese Sorge ist unberechtigt", sagt Gudrun Dräger, "denn Kassen und Ärzte haben sich lediglich auf Vergleichsprüfungen geeinigt." Dabei drohten keine Regressforderungen.
Einige Bewohner haben an die KV geschrieben, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. "Sie haben bis heute keine Antwort erhalten", sagt Dräger.
Anfang Januar hat Petra Laleye nachgefragt, bisher ohne Ergebnis. "Ich habe jetzt daran erinnert und möchte zumindest eine Empfangsbestätigung haben", sagt sie. "Ich kann jetzt endlich wieder schreiben", sagt sie, "ich möchte doch noch weiterkommen bei meiner Genesung und was tun."
erschienen am 22. März 2007