Berufspolitische Informationen >> Das TSVG - Was bedeutet es nun wirklich für Heilmittelerbringer? Folge 1: Zulassung
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Das TSVG - Was bedeutet es nun wirklich für Heilmittelerbringer? Folge 1: Zulassung

Veröffentlicht am 04.04.2019

Die 1. Folge unserer Reihe geht den anstehenden Änderungen im Bereich der ZULASSUNG auf den Grund.

Eines vorweg: Auch bestehende Praxen sind von Änderungen im Bereich der Zulassung betroffen.

Positiv zu vermerken ist, dass die Zulassung ab dem 01.09.2019 durch sogenannte Arbeitsgemeinschaften der Krankenkassen erfolgen wird. Damit ist von diesem Zeitpunkt an nur noch ein Zulassungsantrag je Leistungsbereich notwendig. Bislang sind vom Therapeuten - abhängig vom Bundesland und Landesbereich - noch bis zu 5 Einzelanträge je Leistungsbereich parallel an die Landesverbände der Krankenkassen zu stellen.

Bei den zukünftigen Arbeitsgemeinschaften handelt es sich jeweils um eine der bisher regional zuständigen Zulassungsstellen der Krankenkassen, die jedoch zukünftig mit Wirkung für alle gesetzlichen und Ersatzkassen die Zulassung für das jeweilige Heilmittel erteilen wird.

Die Zulassungsvoraussetzungen werden künftig nicht mehr einseitig vom GKV-Spitzenverband erlassen, sondern Bestandteil des neu zu schließenden Vertrages zwischen dem GKV-Spitzenverband und den maßgeblichen Heilmittelverbänden auf Bundesebene sein.

Die bisherigen Zulassungsempfehlungen gelten noch bis zum Inkrafttreten des neuen Vertrages fort. Dieser tritt spätestens zum 01.07.2020 oder, im Falle der Nichteinigung, mit der Entscheidung durch die Schiedsstelle in Kraft.

Sämtliche Praxisinhaber, die bereits über eine Zulassung verfügen oder diese bis zum Inkrafttreten des neuen Vertrages noch beantragen, müssen den neuen Vertrag innerhalb von sechs Monaten ab Inkrafttreten gegenüber der jeweiligen Arbeitsgemeinschaft anerkennen und damit dessen Beachtung schriftlich bestätigen. Die Zulassung bleibt über den Zeitraum von 6 Monaten ab Inkrafttreten des neuen Vertrages bis zur Anerkennung des neuen Vertrages durch den Praxisinhaber bestehen.

Mit der Anerkennung des neuen Vertrages sind durch den Inhaber die darin dann enthaltenen Zulassungsempfehlungen zu beachten und zu erfüllen. Anderenfalls wäre der Verlust der Zulassung die Folge.

Ob es im Bereich der Zulassung im neuen Vertrag zu Verbesserungen oder Verschlechterungen der bisherigen Zulassungsbedingungen kommt oder diese in bisheriger Form übernommen werden, wird von den verhandelnden Berufsverbänden abhängen. Der Bundesverband für Ergotherapeuten BED e.V. wird sich hier entsprechend im Sinne der Therapeuten einbringen. Da der Gesetzgeber insbesondere im Hinblick auf die räumlichen Voraussetzungen bereits Richtwerte statt starrer Grenzen als vollkommen ausreichend ansieht, ist auf eine veränderte Perspektive auf Kassenseite zu hoffen.


Thema Barrierefreiheit:

Bis zum neuen Vertrag bleiben die bisherigen Vorgaben für den behindertengerechten Zugang erhalten. Der zukünftige bundeseinheitliche Vertrag wird neue Empfehlungen zur Ausgestaltung einer barrierefreien Praxis enthalten. Die zukünftigen Inhalte werden vom GKV-Spitzenverband sowie den verhandelnden Berufsverbänden abhängen.

Der Gesetzgeber hatte ursprünglich geplant, die Barrierefreiheit verpflichtend einzuführen, änderte dieses Vorhaben aber auf Grund der Antwort des BED e.V. auf die Nachfrage des CDU-Gesundheitspolitikers Alexander Krauß im Rahmen der Anhörung zum TSVG zur Sicherstellung der Barrierefreiheit.

Der BED e.V. brachte folgendes im Rahmen der Anhörung deutlich zum Ausdruck:
Die generelle Forderung der Barrierefreiheit gefährdet die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Heilmitteln.

Zwar ermöglichen die Landesbauordnungen Ausnahmeregelungen bzw. Grenzen der Barrierefreiheit, diese würden durch eine Fixierung im SGB V jedoch ausgehebelt. Gerade in Großstädten ist die Verfügbarkeit von passenden und freien Mieträumlichkeiten ohnehin bereits sehr begrenzt. Die ursprünglich geplante Änderung hätte die Therapiepraxisgründung erheblich erschwert, in jedem Falle aber stark verzögert.

Die Erfahrung hat bereits gezeigt, dass trotz der bestehenden Ausnahmeregelungen innerhalb der Landesbauordnungen einige Gesundheitsämter Therapiepraxen bei der Anmeldung Probleme bereiten, denen eine Barrierefreiheit aus baulichen Gesichtspunkten nicht möglich ist und dies, obwohl diese Ausnahmen zulässig sind!

Die Gesundheitsämter und Gesundheitsbehörden der Länder beraten und betreuen im Rahmen ihres Aufgabengebietes, basierend auf dem Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst, behinderte Menschen. In diesem Rahmen spielen die Rechte von Behinderten eine erhebliche Rolle. Behinderten Menschen sollen bauliche Anlagen ohne fremde Hilfe zugänglich sein. Bei der Anmeldung der Therapiepraxen beim Gesundheitsamt kommt es daher bereits jetzt zu nicht unerheblichen Konflikten zwischen Therapiepraxen und Gesundheitsämtern.

Die Kosten der Barrierefreiheit sprengen die finanziellen Möglichkeiten von Therapeuten jedoch häufig um ein Vielfaches. Siehe: Gutachterliche Stellungnahme im Auftrag der KBV, ARCHITEKTUR- und INGENIEURBÜRO OPPER: http://www.kbv.de/media/sp/KBV_Gutachten_Opper_Barriereumbau.pdf

Negativ ist die Wiedereinführung der Praxisbegehungen zu bewerten, denn faktisch handelt es sich hier um unnötige Bürokratie, schließlich wurden die Zulassungsanträge bislang problemlos nach Aktenlage geprüft. Die Therapeuten müssen ab 01.09.2019 den Prüfern der Arbeitsgemeinschaft Zutritt zu ihrer Praxis zu den üblichen Praxiszeiten gewähren. Ob seitens der Arbeitsgemeinschaften vom Recht der Praxisbegehung auch tatsächlich Gebrauch gemacht wird, bleibt abzuwarten. Für den BED e.V. kommt die Wiedereinführung von Praxisprüfungen vor Ort einem Misstrauensvotum seitens der Politik gegenüber den Therapeuten gleich. Das mutet befremdlich an, sollte das Gesetz die Position der Therapieberufe doch laut Bundesregierung stärken.

Bedauerlich und negativ ist ebenfalls, dass Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen und ihnen vergleichbare Einrichtungen auch zukünftig keine Zulassung für die ambulante Heilmittelerbringung beantragen müssen. Der BED e.V. überprüft derzeit die Rechtskonformität dieser Ungleichbehandlung gegenüber Praxisinhabern.

In dem Zusammenhang ist ebenfalls negativ zu bewerten, dass Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen und ihnen vergleichbare Einrichtungen ambulante Heilmittelleistungen zukünftig zu denselben Preisen abrechnen können wie ambulante Therapiepraxen, trotz mehrfacher Warnung des BED e.V. vor den Folgen in seinen Stellungnahmen an die Bundesregierung. Die eigene ambulante Heilmittelerbringung wird für Kliniken damit wieder attraktiv. Bislang erhielten Kliniken zum Wettbewerbsausgleich eine bis zu 10 % geringere Vergütung als ambulante Praxen. Durch den zukünftig fehlenden Finanzausgleich - was die wettbewerblich deutlich besseren Möglichkeiten eines Krankenhauses im Vergleich zu einer Heilmittelpraxis betrifft - sind starke Wettbewerbsnachteile für die Therapiepraxen zu befürchten. Der BED e.V. ruft daher alle Therapeuten auf, unter info@bed-ev.de Fälle zu melden, die ab 01.07.2019 - also zu dem Zeitpunkt, zu dem die Preise bundesweit auf die neuen Höchstpreise angehoben werden - zu Nachteilen von Therapiepraxen in dem Zusammenhang führen. Der BED e.V. wird derartige Wettbewerbsnachteile für Therapeuten nicht hinnehmen.


Generelle Kritik:

Der Gesetzgeber hat trotz mehrfachen Hinweises des BED e.V. keine Veröffentlichungspflicht zur Anzahl der zugelassenen Leistungserbringer seitens des Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spibund) vorgenommen. Der BED e.V. wird die Bekanntgabe der Anzahl der Zugelassenen sowie deren zukünftige Veränderungen beim GKV-Spibund vehement einfordern.


Aktualisierung 5.4.19:

TSVG – Thema Zulassung Ablaufplan

Aufgrund zahlreicher Nachfragen stellen wir hier noch einmal den konkreten Ablauf dar:

JETZT …
… passiert bezüglich bestehender Praxiszulassungen zunächst gar nichts. Sie können einfach weiter arbeiten wie bisher.
Wenn Sie derzeit eine Praxiseröffnung oder einen Praxisumzug planen, gelten die derzeitigen Zulassungsvoraussetzungen. Dies wird voraussichtlich bis Mitte des nächsten Jahres (2020) noch so sein.

Ab 01. Sept. 2019 …
… wird es jeweils nur noch eine für die Zulassungen zuständige Stelle bei den Krankenkassen geben. Am Zulassungsprozedere wird sich dadurch jedoch zunächst nichts ändern. Die derzeitigen Zulassungsvoraussetzungen werden dabei voraussichtlich noch bis Mitte des nächsten Jahres (2020) weiter gelten.

Im nächsten Jahr (2020)…
… wird zu einem derzeit noch nicht feststehenden Termin der neue bundesweite Vertrag zwischen dem GKV-Spitzenverband und den Heilmittelverbänden geschlossen sein und in Kraft treten. Gesetzlich ist vorgeschrieben, dass der Vertrag bis spätestens 01.07.2020 zustande kommen soll. Falls dies nicht geschieht, muss die Schiedsstelle eintreten. Die Verhandlungen zu diesem Vertrag beginnen erst, weshalb noch keine Inhalte feststehen.  

Fest steht jedoch, dass wir als BED uns selbstverständlich massiv dafür einsetzen werden, dass bereits zugelassene Praxen bei Anerkennung des neuen Vertrages einen Bestandsschutz erhalten und also weiter geführt werden können.

Anschließend (voraussichtlich in über einem Jahr, also Ende 2020) …
… haben die bestehenden Praxen ein halbes Jahr Zeit, den neuen Vertrag anzuerkennen. In welcher Form dies konkret geschieht, wird im Vertrag festgelegt werden. Wie bei allen bisherigen Rahmenverträgen ist davon auszugehen, dass es sich um ein Formular handelt, welches mit den Daten der Praxis ausgefüllt und dann unterschrieben werden muss. Es geht also voraussichtlich NICHT darum, dann eine komplett neue Zulassung zu beantragen.


Eine Praxis-Begehung
… durch die neue Zulassungsstelle ist bei einem Zulassungsantrag möglich. Ob die jeweilige Stelle von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, liegt in ihrem eigenen Ermessen. Wenn Sie also in Zukunft eine Zulassung beantragen oder Ihre Praxis umziehen wollen, kann es sein, dass die Zulassungsstelle eine Praxisbegehung durchführt. Das war in der Vergangenheit in einigen Bundesländern (Bayern, teilweise Baden-Württemberg, etc.) auch schon so.
Bei einer bestehenden Praxis ist mit einer Begehung nur zu rechnen, wenn die Zulassungsstelle Anlass zu der Annahme hat, dass dort die Zulassungsvoraussetzungen nicht eingehalten werden. Diese Möglichkeit bestand auch in der Vergangenheit bereits, sodass wir zunächst NICHT mit vermehrten Praxisbegehungen rechnen.   


Sie haben Fragen? Rufen Sie uns an, wir sind gerne für Sie da:
Bürotelefon: 05221-875 945 3
Mobil: 0172-381 384 5


Grundlage dieser Ausführungen ist die Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) Drucksache 19/8351 vom 13.03.2019: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/083/1908351.pdf


Ausblick auf unsere Serie:

Das TSVG – was bedeutet es nun wirklich für Heilmittelerbringer?

Die 2. Folge unserer Reihe wird sich dem Thema Vergütung von Heilmittelleistungen widmen:


Die Folge 3 behandelt die Blankoverordnung und die damit verbundenen Wirtschaftlichkeitsprüfungen für Heilmittelerbringer.

Folge 4 beschäftigt sich mit der Definition der Maßgeblichkeit eines Berufsverbandes.

Folge 5 bringt auf den Punkt, was dem TSVG an Inhalt fehlt. Hier geht es z.B. um die weiter bestehende Möglichkeit von Totalabsetzungen der Krankenkassen für geleistete Arbeit von Therapeuten.

Folge 6 gibt einen Ausblick, welche Maßnahmen der BED e.V. ergreifen wird und die Therapeuten selbst ergreifen können, um wirkliche Verbesserungen zu ermöglichen.


Auf unserer Webseite arbeiten wir teilweise sprachlich dem Duden entsprechend mit dem generischen Maskulinum. Dies bedeutet, dass die allgemein bekannte verallgemeinernde, grammatikalisch männliche Bezeichnung gewählt wird. Hiermit sind in jedem Fall Personen aller Geschlechter gleichermaßen gemeint.
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