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Das TSVG – was bedeutet es nun wirklich für Heilmittelerbringer? Folge 2: Die zukünftige Vergütung der Heilmittelleistungen

Veröffentlicht am 15.05.2019

Zum 01.07.2019 wird der Vergütungspreis je Heilmittel bundesweit auf den höchsten bislang in diesem Bereich verhandelten Preis angehoben.

Zum 01.07.2020 werden die Heilmittelpreise dann das 1. Mal für alle Länder ausschließlich nur noch auf Bundesebene verhandelt.

Zukünftig soll die Wirtschaftlichkeit bei der Preisfindung in diesen Verhandlungen eine Rolle spielen. Allein die Tatsache, dass der Gesetzgeber dies nun vorgeben musste, belegt, dass die Preise zuvor unwirtschaftlich waren und wirft die Frage auf, nach welchen Kriterien bitteschön vorher verhandelt wurde!?! Antwort: Einziges Argument war die Stabilität der Krankenkassenbeiträge der Versicherten, was jedoch seltsam anmutet angesichts der Tatsache, dass Heilmittelleistungen massive Kosteneinsparungen bringen, indem z.B. Operationen und stationäre Aufenthalte verhindert oder verkürzt werden, die Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt und die Abhängigkeit von Pflege verhindert, vermindert oder aufgeschoben wird.

Vergütungsveränderungen für Heilmittelerbringer waren dadurch (für die westdeutschen Bundesländer) maximal in der Höhe der Grundlohnrate möglich. Die Grundlohnrate gibt an, um wie viel Prozent die Einnahmen der Sozialversicherungen gestiegen sind und ist damit abhängig vom Arbeitsmarkt bzgl. der unteren und mittleren Einkommen. Damit stand bei den Preisverhandlungen stets NICHT das notwendige Einkommen der Therapeuten im Fokus.

Der Durchschnitt der Grundlohnrate lag von 2001-2012 um lediglich ein Prozent!1 Erst seit 2013 liegt die Grundlohnrate über 2, aber stets unter 3 Prozent.

Die Inflationsrate 2, also die Geldentwertung oder die Verteuerung der Preise, betrug im selben Zeitraum im Schnitt 1,6 % jedes Jahr und lag damit ÜBER den Erhöhungen. Die Therapeuten verdienten in diesem Zeitraum daher faktisch jedes Jahr weniger als im Jahr zuvor bzw. konnten sich mit dem geringen Mehrverdienst weniger leisten als mit weniger Geld im Vorjahr.

Man muss kein Mathematiker sein, um sofort zu erkennen, dass diese geringen relativen Preissteigerungen bei geringen Ausgangspreisen auch nur geringste absolute Steigerungen verursachen konnten. Die Krankenversicherung hat sich auf Kosten der Heilmittelerbringer saniert bzw. hohe Überschüsse generiert.

In den ostdeutschen Bundesländern hätte man über die Grundlohnrate hinaus verhandeln können, um die Preise dem westdeutschen Niveau anzupassen. Da Verhandlungen stets die Bereitschaft zum Gespräch voraussetzen, einzelne Krankenkassen jedoch dort einen besonders hohen Marktanteil stellen, die diese Bereitschaft gegen null laufen ließen, waren das ziemlich einseitige Verhandlungen, die den Namen Verhandlung nicht verdienen.

Kurzum: Das Verhältnis der Heilmittelerbringer zu den Krankenkassen ist durch eine Machtungleichverteilung zu Gunsten der Krankenkassen charakterisiert. Das wird sich durch das TSVG NICHT ändern!

Denn Basis auch der zukünftigen Verhandlungen bilden die Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über die Heilmittelrichtlinie. Nicht umsonst fordert der BED e.V. seit Jahren einen Sitz und so echte Mitbestimmung der Therapeuten im G-BA. Der SHV sieht das anders: „Durch die Anhörungsberechtigung des SHV sehen wir uns an den Prozessen, die Heilmittelerbringer betreffen, ausreichend beteiligt.“ heißt es.

Die Entscheidungen über Heilmittelerbringer treffen damit weiterhin andere, nämlich die bisherigen Mitglieder im G-BA: Der GKV-Spitzenverband, die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung!

Vereinigungen also, die bereits in der Vergangenheit den Therapeuten nie sonderlich wohl gesonnen waren.

Die Krankenkassen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen werden ihre Waffen zu nutzen wissen:
  • Heilmittelzielvereinbarungen als ausschließlich kurzfristige Finanzdeckelung ohne Berücksichtigung der Auswirkungen auf andere Bereiche des Gesundheitswesens und der Wirtschaft
  • Arztberatungen dahingehend Heilmittel nur noch als letztes Mittel der Wahl an den Patienten auszustellen 
  • Verordnungsvolumenvorgaben, die den tatsächlichen Bedarf komplett ignorieren und damit 
  • verstärkte Regressgefahr, was zu geringeren Verordnungsmengen und damit einer weiteren Unterversorgung der Bevölkerung führt.

Krankenkassen nutzen zudem Ihre Macht: Sie retaxieren weiterhin rigoros und regulieren die Heilmittelausgaben so künstlich nach unten. Auf den Punkt gebracht: Krankenkassen bereichern sich durch Nicht-Bezahlung der Arbeit der Leistungserbringer mit hanebüchenen Begründungen wie Formfehlern in der Abrechnung. Ein Unding.

Der BED e.V. wird daher, im Gegensatz zu einigen anderen Berufsverbänden, keine Ruhe geben.

Es ist eben nicht alles Gold was glänzt. Von diesem Glanz lassen sich ganz offenbar auch einige Berufsverbände blenden. Ja, es gibt mehr Geld. Ob dieses Geld sich jedoch am Ende auch in höheren Einkommen der Therapeuten zeigt, ist aus oben genannten Gründen mehr als fraglich.

Aber wie viel mehr verdient denn nun eine Praxis pro Einheit ab Juli ganz konkret im Vergleich zu den bisherigen Preisen?

Hier wollen wir Licht ins Dunkel bringen. Dazu bedarf es einer vergleichbaren preislichen Grundlage.

Die tatsächlichen Preisveränderungen je Bundesland hängen von 3 Parametern ab:
  1. Von den bislang gültigen Preisen je Kassenart und KV-Gebiet
  2. Wie viele Versicherte je Kassenart in dem jeweiligen KV-Gebiet ansässig sind und 
  3. Die Relation des Umsatzes der Maßnahmen je Heilmittel zum Gesamtumsatz aller Maßnahmen einer Heilmitteldisziplin in dem jeweiligen KV-Gebiet

Die Ergebnisse und deren Analyse finden Sie hier:



Beachten Sie auch unseren Artikel:


PS: Wer gerne auch den Rechenweg nachvollziehen möchte:

Preis für die jeweilige HM-Leistung je Kassenart mal die relative Anzahl der Versicherten in einem KV-Gebiet je Kassenart. - Diese Berechnung wird für alle Kassenarten vorgenommen und die Ergebnisse summiert.

=> Die Summe aller Ergebnisse je Kassenart ist der Durchschnittspreis je Maßnahme eines Heilmittels in einem KV-Gebiet

Dieser Durchschnittspreis je Heilmittelmaßnahme wird nun mit seinem relativen Anteil am Gesamtumsatz für jedes Heilmittel multipliziert. Das Ergebnis ist ein einziger Durchschnittspreis je Heilmittel je KV-Gebiet.

Für den neuen Preis fällt die Durchschnittspreisermittlung je Maßnahme weg, da dieser durch die Bundeseinheitliche Festlegung überall gleich ist. Dieser wird nun mit seinem relativen Anteil am Gesamtumsatz für jedes Heilmittel multipliziert. Daraus ergibt sich dann sogleich der Durchschnittspreis je Heilmittel je KV-Gebiet.

Damit ist ein Vergleich leicht möglich und es wird erkennbar, um welchen Wert die Vergütungen in den Bundesländern differierten und wie stark die einzelnen Bundesländer von der bundesweiten Anpassung an einen einheitlichen Höchstpreis profitieren und auch welch entscheidende Rolle der Behandlungszeit zukommt.



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Auf unserer Webseite arbeiten wir teilweise sprachlich dem Duden entsprechend mit dem generischen Maskulinum. Dies bedeutet, dass die allgemein bekannte verallgemeinernde, grammatikalisch männliche Bezeichnung gewählt wird. Hiermit sind in jedem Fall Personen aller Geschlechter gleichermaßen gemeint.
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