Veröffentlicht am 11.11.2021
Der G-BA hat in seiner Sitzung am 21.10.21 beschlossen die Thermischen Anwendungen auch für weitere Indikationen vorzusehen und nun auch pandemieunabhängig die Heilmittelerbringung grundsätzlich als Videobehandlung zu ermöglichen.
Thermische Anwendungen als ergänzendes Heilmittel
Die Thermischen Anwendungen werden als ergänzendes Heilmittel für die Indikationsgruppen SB3, EN2 und EN3 im Heilmittelkatalog aufgenommen. An dieser Stelle zeigt sich erneut, dass man bei Veränderungen mitunter einen sehr langen Atem haben muss und der stetige Hinweis auf Probleme irgendwann doch zum Ziel führt. In unserer Stellungnahme wiesen wir auf den langen Entscheidungsprozess hin:
„Sehr erfreut sind wir über die Aufnahme der Thermischen Anwendungen als ergänzendes Heilmittel für die Indikationsgruppen SB3, EN2 und EN3. Bereits 2010 hatten wir auf die Notwendigkeit der Aufnahme der Thermischen Anwendungen hingewiesen sowie zuletzt auch in unseren Stellungnahmen zur jeweiligen Änderung der HeilM-RL 2019 und 2020. Immer wieder gab es Probleme in der Versorgung, wenn beispielsweise mit der Diagnose M34. (Systemische Sklerose), bei der eine Thermische Anwendung indiziert ist und auch von ärztlicher Seite verordnet wird, nachträglich Rechnungsbeträge abgesetzt wurden oder die verordneten Leistungen zulasten der Patienten aus formalen Gründen nicht erbracht werden konnten.“
Zu beachten ist, dass diese Änderung der Heilmittelrichtlinie erst zum 01.04.2022 in Kraft tritt.
Einordnung der Thermischen Anwendungen durch den Vorsitzenden als Wermutstropfen
Leider bleibt trotz der guten und sachlich richtigen Entscheidungen des G-BA in der öffentlichen Sitzung am 21.10.2021 auch ein mehr als fader Beigeschmack. Prof. Hecken als unparteiischer Vorsitzender des G-BA sah sich genötigt den Teilnehmern der öffentlichen Sitzung – allesamt gestandene Profis im Gesundheitswesen – zum Verständnis und als Einordnung der thermischen Anwendung mit auf den Weg zu geben, da würde man dann halt im Zweifel zur Massage noch ein Körnerkissen auf den Rücken gelegt bekommen. Leider zeigt Prof. Hecken hier ein eher altbackenes und patriarchalisches Bild der Ergotherapie, welches wir als Vertreter des Berufsstandes natürlich so nicht stehen lassen können. Wir suchen hierzu zunächst den direkten Kontakt zu Prof. Hecken.
Ein langer Weg auch bei der Videobehandlung
Auch der Entscheidung für die dauerhafte Ermöglichung der Videobehandlung ging ein längerer Findungsprozess voraus, den man nicht ungeachtet lassen sollte. Schon vor der Pandemie wurden mit der GKV erste Gespräche über die Möglichkeit einer Leistungserbringung geführt. Dort sah man zwar generell den praktischen Nutzen, wollte sich aber ohne politischen Druck nicht auf das Thema einlassen. Mit Beginn der Pandemie kam dieser Druck dann zwangsläufig auf und so wurde dann die Leistungserbringung zum 1.4.20 ermöglicht. Voraussetzung war und ist die Nutzung einer entsprechenden Software eines Dienstleisters, der durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung zertifiziert ist. Diese Regelung wurde von den Kassen zunächst zum 01.07.2020 wieder zurückgenommen. Wir starteten daraufhin unsere Aktion „Videotherapie ermöglichen!“. An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an alle, die daran teilgenommen und damit erneut für den notwendigen politischen Druck gesorgt haben.
Vorrang der Leistungserbringung im unmittelbaren persönlichen Kontakt
In dem Beschlusstext stellt der G-BA klar: „Die Erbringung von Heilmitteln im Rahmen eines unmittelbar persönlichen Kontaktes nach dieser Richtlinie ist derzeit etablierter fachlicher Standard. Sie hat Vorrang vor einer Erbringung als telemedizinische Leistung, sofern das Therapieziel aus therapeutischer und medizinischer Sicht nicht in gleichem Maße wie bei einer Präsenztherapie erreicht werden kann. Die erste Behandlung im jeweiligen Verordnungsfall hat im unmittelbar persönlichen Kontakt stattzufinden. Im Rahmen der Behandlung müssen regelmäßig Verlaufskontrollen im unmittelbar persönlichen Kontakt erfolgen.“
Schutz vor „Ketten-Medizin“
Speziell im mündlichen Anhörungsverfahren wurden Bedenken vorgetragen, dass die telemedizinische Leistungserbringung die Gefahr einer Übernahme der Leistung durch finanzstarke Investoren nach sich ziehen könne. Aber gerade die Pflicht für die persönliche Leistungserbringung bei der ersten Behandlung und die im neuen § 16b Abs. 4 beschriebenen Bedingung, dass die Behandlung auf Wunsch der PatientInnen jederzeit im persönlichen Kontakt fortgesetzt werden muss, erschwert das Geschäftsmodell der Therapie durch Call-Center auf „Malle“ erheblich. Wir werden uns jedoch zusätzlich dafür einsetzen, dass die Leistungserbringung der Videotherapie an eine Zulassung gemäß § 124 Abs. 4 SGB V geknüpft wird.
Details sind vertraglich zu regeln
Die Details zur Videobehandlung sollen die Heilmittelverbände mit dem GKV-Spitzenverband vertraglich vereinbaren. Bis zum Jahresende 2021 gilt zunächst die Übergangsregelung im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie.