Veröffentlicht am 01.02.2012
2005 veröffentlichte der GKV-Spitzenverband (damals noch: Spitzenverbände der Krankenkassen) in Abstimmung/Konsentierung mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung den ersten
Fragen- und Antwortenkatalog.
Hintergrund war die Auslegung der Heilmittelrichtlinie aus Kassensicht auf Bundesebene zur Orientierung für die Krankenkassen auf Länderebene.
Der Fragen- und Antwortenkatalog hat keine rechtliche Bindung, sondern gilt lediglich als Leitlinie für die Entscheidungsfindung der Krankenkassen bei bestimmten Fragestellungen auf Länderebene.
Der Kassenärztlichen Bundesvereinigung dient sie hingegen zur Beantwortung der häufigsten Fragen der Ärzteschaft zur Heilmittelrichtlinie.
Nun kursiert ein
neuer Fragen- und Antwortenkatalog, der auf Grund der neuen Heilmittelrichtlinie zum 01.07.2011 angepasst wurde.
Dieser ist jedoch
nicht mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung abgestimmt und dient daher nur kasseninternen Zwecken. Daher heißt dieser nicht konsenierter Fragen- und Antwortenkatalog, sondern nur Fragen- und Antwortenkatalog.
Auch dieser Katalog hat keine rechtliche Bindung.
Erfreulich ist, dass der GKV-Spitzenverband unseren Ergänzungsvorschlag von vor über 3 Jahren aufgenommen hat, nämlich die Antwort auf eine sehr häufig gestellte Fragen von Therapeuten und Ärzten:
Was ist, wenn der Patient während der Behandlung mit Heilmitteln den Arzt welchselt? Gilt dann ein neuer Regelfall ja, oder nein?
Begründung des BED e.V.: Durch einen Arztwechsel wird kein neuer Regelfall ausgelöst, da die Heilmittelrichtlinie für alle Ärzte bindend ist und nicht je Arzt Gültigkeit hat.
Die durch den GKV-Spitzenverband angegebene Antwort ist jedoch eher schwach ausgefallen: "
Der Grundsatz „neuer Arzt -> neuer Regelfall“ gilt nicht, da sich ein Arzt vor der Verordnung von Heilmitteln vom Zustand des Patienten überzeugen muss. In diesem Zusammenhang sind auch andere Heilmittel-Verordnungen abzufragen."
So, so, die Abfrage des Zustandes eines neuen Patienten hat also etwas mit seinen laufenden Heilmittel-Verordnungen zu tun. Was für ein Rückschluss. Da sieht man doch mal wieder wie sehr die Praxis mit dem Wunschdenken der Verfasser differiert.
Positiv ist, dass der ICD-10 Schlüssel nun aus Kassensicht auf einer Verordnung ausreicht und nicht noch die Klardiagnose ausgeschrieben werden muss.
Das erspart Schreibarbeit für Arzt und Helferinnen. Zudem wird mit der Angabe der ICD-10 Verschlüsselung verhindert, dass Diagnosen notiert werden, die keine sind (wie z.B. Entwicklungsverzögerungen).
Falsche Diagnosen werden bei der Abrechnungsprüfung bewertet, als wäre keine Diagnose auf der Verordnung angegeben worden und damit würde die Verordnung abgesetzt werden.
Achtung: Trotz ICD-10 Schlüssel sind Indikationsschlüssel und Leitsymptomatik jedoch weiterhin auf der Verordnung anzugeben.
Zudem muss die Leitsymptomatik nicht auf dem Rezept ausgeschrieben werden, wenn sie sich aus dem Indikationsschlüssel ergibt.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung verweist hingegen weiter auf den
konsentierten Fragen- und Antwortenkatalog aus 2005.
Hintergrund: Das Vorhaben des Vorstandes der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Dr. Carl-Heinz Müller den Heilmittelkatalog auf Basis der evidenzbasierten Medizin anzupassen.
Herr Dr. Müller ist Mitglied des Gemeinsamen Bundesausschusses und verfügt damit über entsprechenden Einfluss auf die Überarbeitung.
Der Verband der Logopäden (dbl) und Sprachtherapeuten (dbs) kritisiert dieses Vorhaben scharf. Der BED e.V. schließt sich der Haltung des dbl/dbs an, der anmahnt, dass das Fehlen von Studien noch kein Beleg für mangelnde Wirksamkeit ist. Darauf hat der BED bereits im Artikel "
AOK will mehr Verhandlungsspielraum im Vertragswettbewerb" hingewiesen.
Mehr noch: Durch die evidenzbasierte Medizin wird die hohe gesundheitliche Wirkung der ärztlichen und therapeutischen Zuwendung vollkommen außer Acht gelassen.
Wir werden sowohl Herrn Dr. Müller als auch die weiteren Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses, der sowohl die Heilmittelrichtlinie als auch den Heilmittelkatalog festlegt, zu dieser offensichtlichen Diskrepanz befragen. Der BED e.V. wird seine Mitglieder darüber weiter informieren.