Veröffentlicht am 17.01.2025

Im Vorfeld der Bundestagswahl am 23.02.2025 lesen Sie hier die aktuelle Ausgabe unserer Artikelserie.
Neutrale Berichterstattung
Wie immer versuchen wir an dieser Stelle eine möglichst neutrale Zusammenfassung der Forderungen aus den Wahlprogrammen mit dem Schwerpunkt auf wirtschaftliche und gesundheitspolitische Vorhaben der Parteien.
Dabei nutzen wir den üblichen Schleier des Vergessens und hinterfragen nicht, wer wann was gesagt, gefordert, getan oder unterlassen hat oder gar in Regierungsverantwortung war, sondern nehmen die Wahlprogramme strikt als Versprechen für die Zukunft und ordnen diese Versprechen ein.
Diese Einordnung der Wahlprogramme am Artikelende erfolgt natürlich aus unserer Perspektive – also subjektiv, um möglicherweise noch Aspekte anzusprechen, die auf den ersten Blick nicht sofort ins Auge springen.
Nachdem wir alle Wahlprogramme vorgestellt haben, werden wir abschließend eine Übersicht der einzelnen Forderungen erstellen. Hierbei legen wir dann insbesondere den Fokus auf die Umsetzbarkeit und die möglichen Auswirkungen auf Therapierende, um die Versprechen der Wahlprogramme nicht ohne Kontext einfach zu wiederholen.
Das CDU/CSU-Wahlprogramm
Die CDU/CSU hat als erste Partei bereits am 17.12.2024 ihr Wahlprogramm verabschiedet und Anfang Januar ergänzend ihre "Agenda 2030" vorgestellt.
Im Wahlkampf setzt die CDU/CSU bisher verstärkt auf wirtschaftspolitische Themen und verspricht dann auch mit ihrer „Agenda 2030“ neuen Wohlstand für Deutschland.
Große Steuerreform
Erreichen will sie dies auch mit einer großen Steuerreform, die beginnend zum 01.01.2026 in vier Jahresschritten umgesetzt werden soll. Dabei soll der Grundfreibetrag schrittweise erhöht werden und der Spitzensteuersatz erst ab einem Jahreseinkommen von 80.000 Euro greifen. Die Überstundenzuschläge sollen steuerfrei ausbezahlt werden und eine Aktivrente, bei der Rentner*innen 2.000 Euro monatlich steuerfrei dazuverdienen können, soll die freiwillige Weiterbeschäftigung attraktiver machen. Der Solidaritätszuschlag, der aktuell nur noch von Alleinstehenden mit einer zu zahlenden Einkommensteuer ab 19.950 Euro oder Paaren mit 39.900 Euro jährlich zu zahlen ist, soll abgeschafft werden. Mit der Reduzierung der Körperschaftssteuer und Vereinfachungen bei der Gewerbesteuer soll die Steuerbelastung auf einbehaltene Unternehmensgewinne auf 25 % gesenkt werden. Die Pendlerpauschale soll erhöht und die Umsatzsteuer auf Speisen in der Gastronomie auf 7 % reduziert werden. Zusätzlich soll die steuerliche Absetzbarkeit von haushaltsnahen Dienstleistungen verbessert werden.
Gesundheit
Gesundheitspolitische Vorhaben werden in der „Agenda 2030“ nicht formuliert, was aufgrund der Dringlichkeit von Reformen im Bereich Gesundheit gerade bis zum Jahr 2030 schon etwas erstaunt.
Anhaltspunkte finden sich jedoch im Wahlprogramm selbst.
Hier steht die CDU/CSU zu der ihrer Meinung nach bewährten Selbstverwaltung und der Dualität von gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Ein Mentalitätswandel soll herbeigeführt werden: Miteinander und nicht Gegeneinander sei das Gebot der Stunde.
Die Tätigkeit von Haus- und Kinderärzten soll innovativ weiterentwickelt werden: Sie sollen eine stärkere Steuerungsfunktion der Patienten übernehmen. Damit sollen Wartezeiten auf Arzttermine verkürzt werden.
Die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung soll zukunftsfest gemacht werden, indem „mehr Effizienz beim Einsatz von Beitragsgeldern“ und ein stärkerer Wettbewerb der Krankenkassen „angestrebt“ werden.
Alle Berufe im Gesundheitswesen sollen von Bürokratie entlastet werden um mehr Zeit für die Versorgung zu schaffen.
Die geschlechtsspezifische Medizin soll gefördert werden, Prävention in den Mittelpunkt gestellt und Reha-Verfahren vereinfacht werden und mit einer Apothekenreform sollen die Präsenzapotheken gestärkt werden.
Die Digitalisierung in den Arztpraxen und der ambulanten Versorgung soll gezielt unterstützt werden.
Zudem formulieren CDU/CSU für sich den Anspruch die Pharma- und Gesundheitswirtschaft zu einer echten „Leitökonomie“ zu machen. Dazu sollen die Standort – und Wettbewerbsbedingungen verbessert werden.
Pflege als separates Thema
Der Pflege räumt die CDU/CSU in ihrem Programm ähnlich viel Platz ein, wie dem übergeordneten Thema Gesundheit. Die Pflege wird als zentrales Zukunftsthema erkannt, für das es einen umfassenden gesellschaftlichen Dialog und neue Wege für eine verlässliche und bezahlbare Versorgung von Pflegebedürftigen braucht.
Zur Finanzierung will man verstärkt auch auf die private Vorsorge durch Pflegezusatzversicherungen setzen, deren steuerliche Absetzung verbessert werden soll.
Den pflegenden Angehörigen will man den Rücken stärken und die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf verbessern. Starke Netzwerke im Umfeld und die Digitalisierung sollen helfen, den Verbleib in der häuslichen Umgebung zu sichern.
Zur Steigerung der Attraktivität der Pflegeberufe sollen Belastungsspitzen im Arbeitsalltag abgefedert, Aufstiegsmöglichkeiten und neue Berufsbilder etabliert und die Anwerbung von Fachkräften im Ausland verstärkt werden. Auch im Bereich der Pflege soll die Digitalisierung zukünftig für einen Bürokratieabbau sorgen.
Die Angebote an Palliativ- und Hospizversorgung sollen ausgebaut werden. Die aktive Sterbehilfe wird weiterhin abgelehnt. Für einen wirksamen Lebensschutz soll ein umfassendes Suizidpräventionsgesetz eingebracht werden.
Einordnung
Der geneigte Leser der „Agenda 2030“ stellt fest, dass eben genau die Konkretisierung der Umsetzung in vier Jahresschritten für die geplanten Steuerentlastungen im Wahlprogramm noch nicht enthalten war. Dies war ein Kritikpunkt von Ökonomen, die das Volumen der CDU-Wahlversprechen mit bis zu 100 Milliarden Euro berechneten und sich verwundert die Augen rieben ob der fehlenden Gegenfinanzierung beim gleichzeitigen Festhalten an der Schuldenbremse und dem kategorischen Ausschluss von Steuererhöhungen. (Quelle: dgb)
Kritik gab es aber auch für die ungleiche Verteilung der geplanten Steuersenkungen. Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), bemängelt, dass die „Agenda 2030“ zwar einige kluge Elemente enthielte aber zeitgleich auch für eine „massive Umverteilung von Arm zu Reich und von Jung zu Alt“ stünde. Ein wirtschaftliches Wachstum von jährlich 2 %, dass die Union selbst als Bedingung für die Finanzierbarkeit ihrer Vorschläge als Ziel ausgibt, sei so völlig illusorisch. (Quelle: DIW Berlin)
Im Bereich der Gesundheitspolitik werden die Therapieberufe nicht erwähnt und konkrete Vorschläge, die neue Wege in der Gesundheitsversorgung erkennen lassen würden, drängen sich nicht auf.
Ob die Vorschläge zur Finanzierung der GKV ausreichen, kann diskutiert werden. Auffällig ist die Tatsache, dass die heute gängige Mitfinanzierung versicherungsfremder Leistungen durch die GKV nicht thematisiert wird. Die gleichzeitige klare Bekenntnis von CDU/CSU zur Dualität von PKV und GKV würde dann in der Konsequenz dazu führen, dass Personen, die tendenziell über ein höheres Einkommen verfügen, bei der Finanzierung von gesamtgesellschaftlichen Aufgaben teilweise weiterhin ausgeklammert werden.
Auch die angedachte konsequentere Versorgungssteuerung durch Haus- und Kinderärzt*innen, könnte sich als wenig tragfähige Lösung herausstellen, wenn man berücksichtigt, dass genau bei diesen Professionen bereits jetzt eine Unterversorgung in manchen Gebieten besteht. Eine zunehmende Steuerungsfunktion dort zu etablieren, wo absehbar der Zugang zur Versorgung schwieriger wird, scheint keine wirklich gute Idee zu sein.