Veröffentlicht am 04.10.2022
Aufgrund der Stellungnahme des GKV-SV zum Finanzstabilisierungsgesetz hat sich eine neue Verhandlungssituation ergeben. Wir berichteten: BED gibt Stellungnahme zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz ab | BED e.V. (bed-ev.de)
Das bisherige Verhandlungskonzept basierte auf beiderseitiger Kompromissfähigkeit. Wir werten den Versuch des GKV-SV, offene Punkte per Gesetz regeln zu wollen und damit den gemeinsamen Verhandlungsauftrag zu untergraben als gravierenden Vertrauensbruch und eine eklatante Verhandlungsschwäche. Der bisherige Verhandlungsstand ist damit hinfällig und erfordert eine grundlegende Neubewertung. Bis zum 06.12.22 wird der BED e.V. seine neuen Vorschläge unterbreiten.
Folgende Verhandlungspunkte wollte der GKV-SV durch den Gesetzgeber zu seinen Gunsten gesetzlich geregelt wissen:
- Das Gesetz sieht derzeit nur Maßnahmen vor, die eine medizinisch nicht begründete Mengenausweitung vermeiden sollen. Die GKV sieht somit im Umkehrschluss bei medizinisch begründeten Verordnungen „ein nicht unerhebliches Risiko von Ausgabensteigerungen für die Solidargemeinschaft“ und möchte deshalb die medizinische Begründetheit im Gesetz streichen lassen. Dieses „Risiko“ wird durch den GKV-SV dabei weder konkret belegt noch beziffert. Aus Sicht des GKV-SV sollte allein sein Bauchgefühl ausreichen. Dies stellt nicht nur ein offenes Misstrauensvotum an die ausstellenden Verordnenden dar, sondern würde zudem den Anspruch der eigenen Versicherten auf eine angemessene und zielgenaue Heilmittelversorgung unterbinden.
- Die vom GKV-SV gewünschte Beschränkung von Indikationen, die in die Versorgung nach der Blankoverordnung einbezogen werden sollen, ist medizinisch nicht begründbar. Deshalb soll die bisher gesetzlich vorgesehene Herstellung des Einvernehmens mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu einem Stellungnahmerecht abgeschwächt werden und gleichzeitig die Herausnahme aus der ärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung wieder rückgängig gemacht werden.
- Die Möglichkeit bei der Blanko-Versorgung von den Vorgaben der Heilmittelrichtlinie abzuweichen, soll auf Wunsch der GKV gestrichen werden.
- Die bisher freiwillige Willenserklärung der „vertraulichen“ Verhandlungsführung, der wir uns im Sinne der Transparenz und einer offenen Berichterstattung für die betreffenden Therapeut*innen nicht angeschlossen haben, soll nach GKV-SV Wunsch gesetzlich fixiert werden.
- Die Anrufung der Schiedsstelle soll nach Wunsch des GKV-SV nicht mehr wie bislang jedem Verhandlungspartner, sondern nur noch den beiden Vertragsparteien ermöglicht werden. Zudem soll die Leistungserbringerseite generell zu einer Mehrheitsmeinung gezwungen und so die Rechte der einzelnen Vertragspartner beschnitten werden.
Diese Wünsche des GKV-Spitzenverbandes zeigen eindrücklich die große Einflussnahme und die Schlagkraft eines jeden Berufsverbandes in den Vertragsverhandlungen und Schiedsverfahren. Unbequemer, unbeugsamer und argumentativ starker Verhandlungspartner wie der BED e.V. möchte sich der GKV-SV auf diese Weise gerne entledigen, um weitere Errungenschaften für Heilmittelerbringende und Patientenwohl wie jüngst bei den telemedizinischen Leistungen zu verhindern.
Hier finden Sie die gesamte Stellungnahme des GKV-SV (ab Seite 102).